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Gerhard Kongehl über gefährliche Spuren im Netz

FOCUS: Sind einzelne Daten, die Surfer auf verschiedenen Seiten hinterlassen, wirklich gefährlich?
Kongehl: Gefährlich ist vor allem deren Zusammenführung, zum Beispiel durch Kooperation und Fusion von Firmen. Eine Versicherung und eine Bank wie die Allianz und die Dresdner Bank besitzen auf einen Schlag eine Menge Informationen aus den Lebensbereichen Gesundheit und Finanzen.
FOCUS: Sehen Sie Trends im Datenmissbrauch?
Kongehl: Der Handel mit medizinischen Daten nimmt zu. Wer auf Gesundheitsseiten surft, muss sich möglicher Ausspähung bewusst sein. Irgendwann möchte der Surfer eine Versicherung abschließen und wird abgewiesen, weil er seine Daten auf einer Krebs-Informationsseite hinterlassen hat, oder der Arbeitgeber beschafft sich Daten über Job-Bewerber.
FOCUS: Wen halten Sie für die gefährlichsten Datensammler?
Kongehl: Die Wirtschaft hat den Staat überrundet. Die Firmen haben ein starkes Vermarktungsinteresse und mehr Geld für technische Datenfilter. Frei verfügbare Daten wie Namen und Adressen, die auf Papier harmlos waren, lassen sich etwa über eine CD elektronisch rastern. Verarbeitungsverfahren wie das so genannte Data Mining sind schärfer als Rasterfahndung. Ob Kauf- oder Zahlungsverhalten, die Unternehmen besitzen viel mehr Personeninformationen als Polizei und Sicherheitsorgane.

FOCUS, 22. Oktober 2001