Bielefelder Biometrie

Was haben die Hans-Ehrenberg-Schule in Bielefeld-Sennestadt und das Pentagon in Washington gemeinsam? Ganz richtig, den Fingerabdruck im Ausweis. "Schoolcard" nennt sich dieser Albtraum der Datenschützer, bei dem Otto Schily ganz grün wird vor Neid. Gerade in der Provinz soll es von Schläfern ja nur so wimmeln.

Doch halt - darum geht es bei dem Informatik-Projekt gar nicht. Um die Wurst geht es, nämlich die auf dem Pausenbrot: Mit der "Schoolcard" können die Eleven in der Schulkantine ganz modern ihre Zwischenmahlzeit bezahlen. Die gibt ein biometrischer Scanner in der Kantine erst dann frei, wenn der Fingerabdruck-Check erfolgreich war. Das Gerät stiftete eine Firma aus Stockholm.

Ein weiterer Kunde der Schweden: die Militärs im Pentagon. Das disziplinarische Potenzial dieser Errungenschaft ist schier grenzenlos. So könnte ein elektronischer Pförtner eiskalt jeden Bummler registrieren, der verspätet die Schule betritt.

Laufen zu viele Fehlsekunden auf, geht ein blauer Brief raus. Aus Sicht der Schulleitung besonders attraktiv: Auch das Antwortschreiben der Eltern würde nur mit Papas vorgespeichertem Fingerabdruck akzeptiert. Die Kripo Bielefeld war ganz entzückt und wollte die Technik gleich testen.

Weniger begeistert zeigte sich der Datenschutzverein FoeBuD. Die aufrechten Bürgerrechtler verliehen der Lehranstalt den Big-Brother-Preis, mit dem sie "Verdienste" um den Abbau des Datenschutzes würdigen. Doch die Hans-Ehrenberg-Schule muss teilen: Der Preis hat in diesem Jahr noch einen Gewinner, den bereits zitierten Bundesinnenminister natürlich.

Financial Times Deutschland, 31. Oktober 2001