Ein kleiner Chip spioniert den Kunden hinterher

Bielefelder Datenschutz-Initiative Foebud kritisiert neue Überwachungstechnik

Bielefeld. Der winzige Chip in der Kundenkarte ist nur auf dem Röntgenbild erkennbar, aber Datenschützer halten ihn für den Start in die überwachte Gesellschaft. Und, so der Vorwurf: Konsumenten merken nichts von der Datenspionage.

RFID heißt die neue Technologie, die derzeit von der Metro-Gruppe in einem Supermarkt bei Duisburg getestet wird, und gegen die unter anderem der Bielefelder Datenschutzverein Foebud Sturm läuft. Ein RFID ist ein winziger Speicher, der bald auf jedem einzelnen Produkt kleben soll, und jedes bekommt einen eindeutigen Zahlencode.

Haltbarkeitsdatum, Preis, Herkunft: Viele Daten sind gespeichert, die dann von Lesegeräten in Regalen, im Warenlager oder später an der Kasse erfasst werden können. Langfristig soll das System den Barcode ersetzen und vor allem die Logistik im Handel erleichtern. "Eine Verknüpfung mit Kundendaten ist zu keiner Zeit möglich", beteuert Metro (Kaufhof, Real, Saturn) in Prospekten. "Eine glatte Fehlinformation", urteilt Foebud-Mitarbeiterin Rena Tangens. Bei einem Besuch im Duisburger "Future Store" ist dem Foebud von Metro eine Kundenkarte ausgehändigt worden - optisch von einer herkömmlichen Payback-Karte nicht zu unterscheiden. Erst eine Röntgenaufnahme der Karte brachte einen eingebauten RFID zu Tage.

Damit, so ist Tangens überzeugt, ist der gläserne Konsument endgültig technisch möglich: Sobald die Karte eingesetzt werde, könne auch eindeutig zugeordnet werden, welche Waren ein Kunde gekauft habe. Die Szenarien, die Foebud fürchtet, sind bizarr: Ein Kunde betritt ein Geschäft, unbemerkt identifiziert über den RFID, integriert im vor Jahren gekauften Schuh. Ein Datenabgleich erstellt eine Liste von Einkaufsgewohnheiten und bietet "guten" Kunden automatisch Sonderkonditionen. Foebud will sich nicht auf die Beteuerung verlassen, dass Metro die Technik so nicht nutzen will, und fordert deshalb einen Stopp des Versuchs: Erst müsse geklärt werden, wie sich RFIDs ohne Gefahr für die Privatsphäre nutzen ließen.

Neue Westfälische, 10.Februar 2004
Original: http://www.nw-news.de/news/mantel/wirtschaft/NW_20040210_1848570001.html