Metro weiß bald alles

Der Metro-Konzern weiß mehr über seine Kunden, als er bisher zugab. In Produkten und Rabattkarten des "Future Store" sind Chips versteckt

VON ELMAR KOK

Die Metro AG, die in Rheinberg einen Future-Store betreibt, könnte mit der dort verwendeten Technologie ihre Kunden ausspionieren. Das machen Funkchips, die in Kundenkarten und Produkten stecken, möglich.

Der Konzern wollte gegenüber Kritikern seine Offenheit demonstrieren und hatte Verbraucherschützer vom Verein FoeBuD e.V. (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) letzten Samstag in seinen Zukunftsladen in Rheinberg eingeladen. Dort testet die Metro-Gruppe, zu der unter anderen die Kaufläden Saturn, Kaufhof, Praktiker und MediaMarkt gehören, neue Technologien für ihre Shops.

In einigen Produkten befinden sich so genannte Radio Frequency IDentification (RFID) Chips. Jedes dieser Funketiketten hat eine weltweit einmalige Kennung, ist batterieunabhängig und kann kontaktlos per Funk ausgelesen werden. Der Konzern sagt, er wolle die Technologie einführen, um bei der Logistik und den Lagerkosten zu sparen. Verbraucherschützer warnen davor, dass mit den Chips eine Überwachung von Kunden möglich ist. Die Zuordnung der Produkte zu bestimmten Personen ist jetzt möglich, denn der Konzern hat auch in seine Kundenkarte einen solchen Chip eingebaut, ohne dem Karteninhaber dies mitzuteilen.

Die Metro bestreitet, diese Daten zu erheben oder nutzen zu wollen. Die Produkte würden mit den Daten auf der Payback-Karte verglichen, um etwa den Jugendschutz zu gewährleisten, behauptet Albrecht von Truchseß, Sprecher des Konzerns. So werde der Chip auf der Kundenkarte beispielsweise abgefragt, wenn sich jemand einen Vorspann einer DVD ansehen wolle und dafür die DVD-Verpackung in die Nähe des Fernsehers halte. Nach dem Besuch der Verbraucherschützer sandte das Unternehmen den Verbraucherschützern Fotos zu, die belegen sollten, dass an den DVD-Regalen ein Hinweis angebracht sei, der auf das auslesen der Daten hinweise. Fotos der Verbraucherschützer vom Besuch belegen allerdings, dass zum früheren Zeitpunkt noch keine Hinweise angebracht waren. Für die Aktivisten von FoeBud ist das ein Skandal. Sie sagen, damit sei bewiesen, dass sich die Metro über die Brisanz der "Schnüffelchips" bewußt sei.

Eine weitere Aussage des Pressesprechers von Truchseß gegenüber der taz zu Anfang des Jahres stellte sich ebenfalls mit dem Besuch der Verbraucherschützer als falsch heraus. Von Truchseß hatte behauptet, die Daten auf den Chips könnten am Ausgang des Ladens mit einem "Deactivator" gelöscht werden. Das ist nicht richtig. Die weltweit einmalige Identifikationsnummer des Chips ist nicht zu löschen. "Das geht erst bei den neuen Chips", gibt von Truchseß jetztzu. Zu den FoeBud-Fotos aus dem Future-Store sagt von Truchseß, auf den Fotos lasse sich nicht viel erkennen. Er wirft den Verbraucherschützern mangelnde Fairnis vor: "Ich habe den Eindruck, dass bestimmte Dinge, die wir gesagt haben, nicht weitergegeben werden." Weiter geht die Karriere der Funketiketten bei der Metro-Gruppe. "Im Herbst werden wir die Etiketten auch im Kaufhof im Textilbereich einsetzen", sagt von Truchseß. Die Verbraucherschützer haben die Metro aufgefordert, den Versuch mit den RFID-Chips sofort einzustellen. Dafür habe man dem Konzern eine Frist bis zum 16. Februar gesetzt, sagt Claudia Fischer von FoeBud: "Sonst gibt es weitere Aktionen."

taz (Ruhr), 7. Feruar 2004
Original: http://www.taz.de/pt/2004/02/07/a0386.nf/text