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Rena Tangens


ZERBERUS-Mailbox-Projekte in Schulen

Oft wird den Schulen nachgesagt, daß sie gerne ein wenig der Zeit hinterherhinken. Tatsächlich wird aber schon an vielen Schulen laut über eine eigene MailBox-Anbindung nachgedacht; einige Schulen haben bereits die entsprechende Hard- und Software installiert. Hier geht es nicht mehr um das reine Algorit-menberechnen oder das richtige Knöpfchendrücken zur Bedienung einer Standardsoftware, sondern hier bietet sich eine Möglichkeit, mit der ganz umfassend der sinnvolle Umgang mit den neuen Technologien erlernt werden kann. Mit all seinen Konsequenzen im Alltag.

Anders als bei den Einbahnstraßen-Medien Fernsehen, Radio oder Zeitung findet hier kein Konsum von vorgekauten Informations- und Unterhaltungshäppchen statt; es ist auch nicht ausschließlich der Informationsaustausch zwischen zwei Einzelpersonen, die sich bereits kennen, wie bei Brief, Telefon oder Telefax. Die Mailbox ermöglicht vielmehr eine echte "Mehrweg-Kommunikation": Viele verständigen sich mit vielen, die Trennung zwischen Produzenten und Konsumenten ist aufgehoben - die MailBox wird von allen gemeinsam gestaltet.

Der Umgang mit der Technik ist mittlerweile einfach geworden. Aber das noch ungewohnte Agieren in der elektronischen Öffentlichkeit muß erst einmal gelernt werden. In der MailBox werden die Sprache und die Schreibkultur wiederentdeckt; der Duden neben dem Computer ist tatsächlich keine Seltenheit. Die Veröffentlichung von selbstgeschriebenen Texten bietet die Möglichkeit, ihre Wirkung anhand der Reaktionen anderer direkt zu überprüfen.

In einigen Schulen sind bereits Zerberus-Mailboxen installiert. Meist von weitsichtigen Informatiklehrern, die sich dem Medium Mailbox von der technischen Ebene angenähert haben. Um solch einem Projekt zur vollen Entfaltung zu verhelfen, wäre dabei eine fächerübergreifende Nutzung wünschenswert, im Unterricht und auch durch selbständige Gruppen von Schülerinnen und Schülern: AGs können sich miteinander damit ein Forum schaffen, Schülerzeitungen können gemeinsam erstellt werden, Arbeitsgruppen zu aktuellen Themen (z. B. Fremdenfeindlichkeit) Erfahrungen austauschen. Und das nicht nur innerhalb der eigenen Schule, sondern auch mit anderen Schulen im selben Regierungsbezirk, mit einer Partnerschule in Deutschland oder im Ausland (hier gibt es bereits von der EG geförderte Ansätze) oder mit vielen anderen Schulen in einem öffentlichen Netzwerk. Das könnte im Rahmen einer Projektwoche eingeführt werden.

Auch geschlossene Benutzergruppen (GBGs) und Verteiler können eingerichtet werden. So können beispielsweise neben dem Einsatz im Unterricht hier auch interne Lehrerkommunikation, Fachkonferenzvorbereitung und fachbezogener Erfahrungsaustausch auch mit Kolleginnen und Kollegen von anderen Schulen stattfinden.

Mit der Anbindung an öffentliche Netze tun sich zusätzliche Möglichkeiten auf: Momentan gewinnt beispielsweise der Politikunterricht eine neue Qualität - auch im ehemaligen Jugoslawien gibt es Zerberus-Mailboxen. In Zagreb schreibt seit Monaten ein Mensch jeden Tag sein persönliches Tagebuch der Kriegseindrücke - und veröffentlicht dieses im Mailbox-Netzwerk. Die bestehenden Datennetze (zum Beispiel Z-Netz, Comlink, Compaed, Aqua und APC mit GreenNet, PeaceNet, GlasNet etc.) bieten ein breit gefächertes Spektrum an Themenkonferenzen ("Bretter" genannt). Der Deutschunterricht und die Sozialkunde finden jeden Tag aktuelle Anlässe; Philosophie, Religion, Naturwissenschaften, Sozialkunde und Pädagogik sind alltäglich diskutierte Themengebiete. Und auch der Englischunterricht wird sicherlich viel interessanter, wenn es gilt, einen tagesaktuellen englischen Originaltext, zum Beispiel über das Ozonloch, ins Deutsche zu übersetzen, der über das internationale Computernetzwerk "frisch" eingetroffen ist. Auch wenn es im Unterricht manchmal nicht so scheint - hier in der Mailbox ist zu sehen: Junge Menschen wollen lernen und ihren Geist und ihr Wissen - im täglichen Wettbewerb mit anderen - erproben. Das sollte, das muß gefördert werden.

Bei mehreren Lehrerinnen-Fortbildungen im Bereich EDV zeigten sich die teilnehmenden Kolleginnen von der Mailbox-Idee sehr begeistert, da hier nicht Technik um der Technik willen betrieben wird, sondern die Inhalte im Vordergrund stehen.


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© WWW-Administration, 21 Jan 03