Der Coup mit der Karte

Bielefelder Verein FoeBuD unterläuft das Payback-System

Von Anke Groenewold

Bielefeld. Zwölf Millionen Deutsche sind eifrige Punktesammler. Wenn sie Einkaufen gehen, zücken sie an der Kasse ein Plastikkärtchen und bekommen Punkte gut geschrieben, die Geld wert sind. Payback heißt dieses System. Dem Bielefelder FoeBuD, Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs e.V., ist jetzt ein besonders eleganter Coup gelungen, das Rabattprogramm der Firma Loyalty Partner für sich auszunutzen: Sie selbst haben knapp 1.000 Karten in Umlauf gebracht. "Alles ganz legal", versichern die FoeBuD- Aktivisten Rena Tangens und padeluun. Sie haben ihren Coup vorab juristisch überprüfen lassen.

Sie haben einen Payback-Vertrag abgeschlossen und wie üblich zwei Karten bekommen. Mit der Zweitkarte kann eine weitere Person mitsammeln. Sie hat jedoch nicht das Recht, sich das Geld auszahlen zu lassen. Genau jene Zweitkarte haben die Bielefelder tausendfach dupliziert. Alle haben eine identische Kundennummer. Optisch ist sie so gestaltet, dass sie isch klar von den Karten der rund 40, dem Payback-Programm angeschlossenen Geschäfte und Unternehmen unterscheidet. "Wichtig war uns auch, dass auf der Karte ganz klar zu lesen ist, wozu sie dient", erläutert padeluun.

Knapp 1.000 Menschen haben seit Ostern mit der Bielefelder "Privacy-Card" eingekauft und rund 40.000 Mark Umsatz gemacht. Die abgeschöpften 23.458 Punkte entsprechen einem Geldwert von knapp 460 Mark (234 Euro). Die sollen der Arbeit des Vereins zugute kommen.

Bei der Firma Loyalty gibt man sich gelassen. Ja, man wisse schon seit Monate von der Privacy-Card, versichert Pressesprecherin Nina Purtscher. "Aber wir sollten keine Riesenwelle machen." Schließlich hätten die Privacy-Card-Nutzer ja eifrig bei den Payback-Partnern eingekauft und damit dem Zweck des "Kundenbindungssystems" entsprochen.

Die Gelassenheit von Loyalty hat allerdings Grenzen. "Wir haben den Vertrag mit FoeBuD vor zwei, drei Monaten gekündigt und jetzt das Punktekonto gesperrt. Auch die Karte ist nicht mehr einsetzbar", sagt Purtscher. Padeluun dagegen: "Wir haben keine Kündigung bekommen." Er bestätigt jedoch, dass das Konto seit zwei Tagen gesperrt ist. Die Karte werde aber weiterhin in den Geschäften akzeptiert. "Es gibt keinen Sperrmechanismus", ist er überzeugt. Der Verein hat jetzt einen Anwalt eingeschaltet. Der werden darauf drängen, dass Loyalty den Vertrag einhält, so padeluun. "Payback kann nicht einfach so sagen, dass sie uns als Kunden nicht wollen", ist er sicher.

Das Payback-Vonusprogramm hat der Bielefelder Verein, der ein besonderes Augemerk auf Datenschutz und Bürgerrechte richtet, schon länger im Visier. Im vergangenen Jahr verliehen die Bielefelder Payback den ersten deutschen Big Brother Award. Zwar handele es sich bei Paybacik nicht um einen spektakulären, konkreten Fall von Datenmissbrauch, so Rena Tangens, "aber hier wird eine gefährliche Struktur aufgebaut". FoeBuD kritisiert vor allem, dass die Kunden nicht erfahren, was mit ihren Daten geschieht.

Nina Purtscher betont, dass keine Kundenprofile erstellt würden. Ebensowenig werde registriert, welche Produkte ein Kunde kaufe. Auch würden die Daten nicht unter den Payback-Partnern ausgetauscht. Den Vorwurf, Payback führe zum gläsernen Kunden, hält sie für absurd. Padeluun hält dagegen: "Solange sie nicht genau sagen, was sie tun, können die Bürger das Schlimmste annehmen."

Klar ist, dass über die Paybackkarte Daten "erhoben, gespeichert und genutzt" werden, wie Loyalty in seinen Hinweisen zum Datenschutz selbst ausführt. Wie sie genutzt werden, dazu macht das Unternehmen keine detaillierten Angaben. Aber Loyalty schreibt auch, dass die persönlichen Angaben, die jeder Kunde macht, dazu dienen, "unsere Angebote noch besser an Ihrem persönlichen Bedarf auszurichten". Wie soll das gehen, wenn doch angeblich gar nicht ermittelt wird, wer was kauft?

Sollte Loyalty entgegen allen Beteuerungen Kundenprofile erstellen, wird die Privacy Card die Datenschürfer vor ein Problem stellen: Wenn hinter einer einzigen Kundenkarte 1.000 Menschen stecken, ergibt das ein unbrauchbares Profil. "Diese Karte sichert Ihre Privatsphäre", steht auf der Privacy Card. Als Sabotageversuch ist die Karte allerdings nicht gedacht. Die Karte soll "Spaß am kreativen Verbrauchersein" bringen. Padeluun und Tangens sind sicher, dass ihnen niemand eine missbräuchliche Nutzung nachweisen kann. "Wir nutzen Payback nur etwas anders als gedacht."

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Zum Thema
Die Firma hinter Payback

Neue Westfälische, 08. Dezember 2001