Der Privacy-Hack

Wie Cyberrechtsorganisationen zu Spenden kommen

Christiane Schulzki-Haddouti  

23202 Punkte - etwa 460 Mark hat der Bielefelder Cyberrechtsverein Foebud bereits mit seinem Privacy-Hack eingenommen. Ausgerechnet das durch den Big-Brother-Preis geächtete Rabatt-Unternehmen Payback verhalf den Netzaktivisten zu mehr Geld. Doch nicht unbedingt freiwillig.

Schon im Frühjahr 2001 kreierten die Bielefelder die Privacy-Card. Sie wird in allen Geschäften akzeptiert, wo auch die Payback-Karten akzeptiert werden. Alle mit ihr erzeugten Payback-Rabattpunkte kommen aber nicht dem Nutzer, sondern Foebud zugute. Pro Einkauf werden zwischen ein und drei Prozent Rabatt gewährt - und das unter anderem bei real, Galeria-Kaufhof, der Tankstellenkette DEA, Apollo, dem Online-Börsenhändler Consors, dem Autoverleiher Europcar, dem Online-Dienst AOL, dem dm-Drogerie Markt und seit neuestem auch beim Baumarkt OBI.

Bei der Privacy-Card handelt es sich um den Klon einer Payback-Karte, der genau tausend Mal repliziert und inzwischen gegen ein Briefkuvert samt 5 Mark etwa 800 mal ausgegeben wurde. Nicht nur der Barcode, sogar der Magnetstreifen wurde dupliziert. Jede Privacy-Card verfügt damit über ein und dieselbe Kundennummer. Auf diese Weise werden auf einem einzigen Profil die Bewegungen von 800 Nutzern gespeichert - und natürlich werden die Rabatterlöse auch nur auf ein Konto überwiesen: nämlich dem von Foebud.

Die Karte sieht anders aus als die normalen Payback-Karten: Jeder der sie benutzt, weiß sofort, was mit der Karte angestellt wird: Groß und breit steht auf ihr "Privacy Card". Auf der

 Foebud-Website wird jeden Tag, ganz unauffällig, der Punktestand angezeigt. Der Rabatt wird dann von Payback auf ein Sonderkonto des Vereins überwiesen.

Foebud wirbt allerdings nicht in der Presse, sondern nur im Freundes- und Bekanntenkreis für die Karte. Zu viel Aufmerksamkeit ist nicht erwünscht, schließlich soll das Projekt möglichst lange, ungestört von möglichen juristischen Attacken, funktionieren. Und so geht es:

"Sie legen die Privacy-Card bei Ihren Einkäufen vor oder geben die Nummer bei Telefon- und Onlinebestellungen an. Die Firmen müssen nun den Rabatt registrieren. Ihre Einkäufe und Ihre Rabattpunkte werden nun auf eine "natürliche Person" registriert, die alle so gesammelten Gutschriften an den Foebud-Verein weitergibt. Ihre Rabattpunkte dienen nun einem guten Zweck, da sich der Foebud e.V. um Daten- und Verbraucherinteressen in der vernetzten Gesellschaft kümmert."

Auf die Idee kamen Rena Tangens und padeluun vom Foebud-Verein, nachdem auf den dienstäglichen Bielefelder Treffen die Mitglieder immer ihre Karten untereinander ausgetauscht hatten, um eine genaue Profilerstellung zu verhindern. Ein Berliner Mitglied schlug dann vor, Aufkleber auszudrucken und auf die Tauschkarten zu kleben. Dies führte dann gleich zu der Frage: Warum nicht gleich die ganze Karte machen?

Vorsichtshalber ließ der Verein die Privacy-Card samt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Payback juristisch prüfen. Die Rechtsexperten kamen zu dem Schluss, dass der Einsatz "völlig legal" ist. Für Payback gibt es "keine Möglichkeit wieder rauszukommen und die Rabattzahlungen zu verweigern," freut sich Organisator padeluun. "Denn bei der Karte handelt es sich um eine Zweitbenutzungskarte."

Ein Missbrauch findet, so ist padeluun überzeugt, nicht statt. Im Gegenteil: Die Läden, die Payback-Karten akzeptieren, werden von den Karten-Inhabern nicht boykottiert, sondern sogar gezielt angesteuert. In der Szene kommt die Privacy- Card gut an: "Endlich mal ein Hack, der Geld bringt."

telepolis, 01. Dezember 2001