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Der gläserne User -Alptraum oder Realität? Zwei Experten-Interviews

Internet und World Wide Web (WWW) sind wohl die Modeworte des Jahres 1996, denn wer verschickt seine Post noch in Briefumschlägen? E-mail heißt das Zauberwort der heuigen Gesellschaft. Doch wie werden E-mails transportiert,und wie sicher sind die Briefe und persönlichen Daten, wenn sie als E-mail verschickt werden?

CHANCEN 2000 aktuell sprach mit zwei Experten.


Sönke Freitag, Mitarbeiter des Virus Test Centers an der Universität Hamburg.

Herr Freitag, wenn Sie mal die Gefahren im Straßenverkehr mit denen des Internets vergleichen, wo lebt man gefährlicher?

Einen direkten, persönlichen Schaden wie bei einem Autounfall kann man im Internet natürlich nicht erleiden, aber in Computernetzwerken lauern andere Gefahren, zum Beispiel durch Viren oder Angriffe von Hackern. Wenn man beispielsweise Zahlungen über das Internet tätigt und gibt dabei seine Kreditkartennummer durch, so kann ein Hacker diese Nummer auslesen und damit einkaufen gehen.

Neben dem Datenmißbrauch stellen ja Viren den Alptraum jedes Computerbesitzers dar.

Sicherlich können die Viren schneller verbreitet werden. Im Internet handelt es sich aber häufiger um sogenannte Würmer. Diese infizieren erst einen Computer und breiten sich dann baumförmig über die Leitungen des Internets auf alle angeschlossenen Computer aus.

Was genau macht so ein Wurm, nachdem er sich verbreitet hat?

Das hängt vom Wurm ab, genau wie bei Viren gibt es gut- und bösartige Würmer, so kann zum Beispiel folgendes passieren: Man benutzt das WWW, und ein Wurm nistet sich auf dem eigenen Computer ein, der dann anfängt, persönliche Daten an den Urheber des Wurms zu senden.

Man hat das Gefühl, der gläserne User ist nicht nur Utopie, sondern bereits existent. Was tut denn der Staat, um die Internetbenutzer zu schützen?

Ich denke mal, es hat ein gewisser Herr Kanther vor kurzem erst gemerkt, daß es das Internet überhaupt gibt und dann plötzlich gemerkt, daß man es nicht kontrollieren kann. Ein Viren- oder Datenschutz ist im Prinzip nicht möglich, denn errichtet man irgendwo im Internet eine Kontrollinstanz, so ist es ein Leichtes, diese zu umgehen. Eine wirkliche Kontrolle ist praktisch nicht möglich, denn die staatliche Kontrolle endet an den Landesgrenzen und das Internet geht viel, viel weiter.

Wenn staatliche Kontrolle unmöglich wird, muß man sich selbst schützen. CHANCEN 2000 aktuell sprach zu diesem Thema mit padeluun von der Zerberus Gesellschaft für Kommunikation mbH, die unter anderem das Programm PGP (Pretty Good Privacy) in Deutschland herausgegeben hat.

padeluun, wie sicher sind wir im Internet?

Überhaupt nicht, wir sind gläserne User.

Soll ich also am bester, gar keine persönlicher. Daten über das Internet verschicken?

Nein, die Daten müssen nur verschlüsselt versendet werden. Das große Problem vieler Internetbenutzer ist, daß Sie ihre E-Mails unverschlüsselt versenden, und somit jedem freien Zugriff auf Ihre Daten gewähren.

Verschlüsselung (Kryptographie) ist doch aber ein sehr kompliziertes Verfahren?

Nein, verschlüsseln ist mit der richtigen Software so einfach, wie einen Brief in den Briefumschlag zu stecken. So gibt es zum Beispiel das Programm Pretty Good Privacy, das kostenlos als Freeware erhältlich ist und speziell für das Verschlüsseln von E-mails entwickelt wurde. Oder wenn Sie unser Charon Point Programm benutzen, brauchen Sie sich um die Verschlüsselung überhaupt nicht mehr zu kümmern, denn es verschlüsselt Nachrichten automatisch.

Brauchen wir Ihrer Meinung nach ein Cyberlaw, das den Benutzer vor Kriminalität schützt?

Nein, wir brauchen mehr Bewußtsein bei den Benutzern über das was sie tun. Staatliche Kontrolle ist hier nutzlos, vielmehr muß Wissen in allen Schichten der Bevölkerung vermitteit werden, so daß die Menschen verstehen, daß es nicht um das Gegeneinander und das Einander-Schaden geht, sondern um das Miteinander-Arbeiten.


Martin Bahr, Chancen 2000 aktuell


© WWW-Administration, 21 Jan 03