UNDTAG
NOnORHEIN-WESTFALEN
13. WAHLPERIODE | |||||||||||||||||
ZUSCHRIFT
13/ 2501 ;_-.(.'"- '...'.' '
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Hans-Jörg
Bücking
Prof. Dr. iur, M.A. (sc. pol.) Bielefeld | |||||||||||||||||
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Auf den vom Präsidenten des Landtages
Nordrhein-Westfalen übermittelten
Fragenkatalog
zur Anhörung von Sachverständigen nach
§ 31 der Geschäftsordnung des Landtags Nordrhein-
Westfalen unter Federführung des Ausschusses für Innere Verwaltung und Verwaltungsstrukturreform zum
„Gesetz zur Änderung des
Polizeigesetzes und des Ordnungsbehördengesetzes"
Gesetzentwurf der Landesregierung
Drucksache 13/2854 erfolgt hiermit folgende erbetene
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Stellungnahme:
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1. An den Absätzen 2 und 3 der bisherigen
Fassung des § 15 a ist kritisiert worden, sie
hätten — jedenfalls teilweise — strafprozessualen Charakter und insoweit sei die Kompetenz des Bundesgesetzgebers gegeben. Wie sieht es in dieser Hinsicht mit ______Absatz 2 der Neufassung aus?
______
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Die Kritik an der bisherigen Fassung des
§ 15 a Abs. 2 und 3 Polizeigesetz Nordrhein-
Westfalen (PolG NRW) ist berechtigt. Nach Abs. 2 dürfen Aufzeichnungen
„nur zur Verfolgung von Straftaten verwendet werden".
Die Vorschrift ist also eindeutig ausschließlich repressiv. Die Aufgaben und Befugnisse der Polizei zur
Strafverfolgung sind jedoch in der Straf-
prozeßordnung (StPO) — abschließend — geregelt (vgl. dort §§ 163 Abs. 1, 152 Abs. 2). Hierfür besteht allein eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 Grundgesetz (GG), solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit in zulässiger Weise Gebrauch gemacht hat (Art. 70, 72 GG), was hinsichtlich der StPO nirgendwo in Zweifel gezogen wird. Die einschlägige Vorschrift für die
Herstellung repressiver (polizeilicher) Bildaufzeichnungen
isi daher § 100 c Abs. 1, Nr. 1 a) StPO. Für eine landesrechtliche Vorschrift zur Verfolgung von Straftaten ist schon daher kein Raum. Das gilt noch viel mehr, als für Maßnahmen nach §100 c Abs. 1, Nr. 1 a) StPO weder eine Einschränkung auf Straftaten von erheblicher Bedeutung (im Gegensatz zu § 15 a Abs. 4 PolG NRW) vorgesehen ist, noch irgendeine Löschungsfrist (im Gegensatz zu § 15 a Abs. 2 Satz 3 PolG NRW) oder Benachrichtigungspflicht (vgl. § 101 Abs. 1 StPO im Gegensatz zu § 15 a Abs. 3 PolG NRW) existiert. § 15 a Abs. 2 und 3 PolG NRW sind somit mangels Landesgesetzgebungs- kompetenz und wegen entgegenstehenden gültigen Bundesrechts nichtig. | |||||||||||||||||
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Dieser Mangel würde durch die vorgesehene
Novellierung beseitigt. Denn nach Abs. 1
können jetzt die „zur Verhütung von Straftaten ... übertragenen Bilde f aufgezeichnet werden. Damit bekommt die Vorschrift nunmehr eindeutig präventiven Charakter und unterfällt somit der Landesgesetzgebungskompetenz. Das gilt auch für die Speicherfrist in Abs. 2, welche die Verwendung zur Verfolgung von Straftaten hiervon explizit ausnimmt, also somit die strafprozessualen Regelungen unberührt läßt. Verfassungsrechtlich problematisch könnte
allenfalls der Umstand sein, daß — entgegen §
15 Abs.1 Satz 3 PolG NRW — in den neuen Abs. 2 nicht auch die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten als Ausnahme von der Speicherfrist aufgenommen worden ist. Denn diese Konstruktion legt den e-contrario-Schluß nahe, nach Abs. 1 gespeicherte Bilder dürften auch dann höchstens einen Monat gespeichert werden, wenn sie zur Verfolgung einer Ordnungswidrigkeit benötigt werden. Da die Bundesgesetzgebungskompetenz nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG mit dem »Strafrecht«, auch das Ordnungswidrigkeitenrecht umfaßt und nach § 46 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) für das Bußgeldverfahren regelmäßig „sinngemäß die Vorschriften der allgemeinen Gesetze über das Strafverfahren, namentlich der Strafprozeßordnung" gelten und nach § 46 Abs. 2 OWiG die Verwaltungsbehörde regelmäßig „im Bußgeldverfahren dieselben Rechte und Pflichten (hat) wie die Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Straftaten", droht sich das zum geltenden Recht existierende verfassungsrechtliche Problem nunmehr auf die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zu verschieben. So eindeutig indessen, wie zum geltenden
Recht, läßt sich ein derartiger
Verfassungsverstoß nicht konstatieren. Denn zum einen ist dem
e-contrario-Schluß die Analogie logisch gleichwertig, so daß der
für
die Speicherfrist geltende Ausnahmetatbestand zur Verfolgung von Straftaten per Analogie auf Ordnungswidrigkeiten ausgeweitet werden könnte. Dem könnte andererseits jedoch der methodische Grundsatz entgegenstehen, daß Ausnahmetatbestände keiner Analogie fähig sind. Allerdings werden hiervon wiederum Ausnahmen toleriert. Im übrigen besagt das Gebot der verfassungskonformen Auslegung, daß von mehreren Auslegungsoptionen diejenige zu wählen ist, welche zu einem verfassungskonformen Resultat führt. Und das wäre die Analogie und nicht der e-contrario-Schluß. Zum anderen gilt gem. § 47 Abs. 1 OWiG
— entgegen dem Strafprozeßrecht (§ 152 Abs. 2,
163 Abs. 1 Satz 1 StPO) — das Opportunitätsprinzip. Es besteht also keine (bundesgesetz- liche) Pflicht, Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen. Vielmehr liegt deren Verfolgung im pflichtgemäßen Ermessen der Verfolgungsbehörde. Dasselbe gilt gem. § 53 OWiG für die Polizei — also jeweils für Vertreter der Exekutive, nicht aber für die (Landes-)Legislative, welche die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten durch Speicherungsfristen zu verhindern trachtet. Insofern erscheint die landesgesetzliche Kompetenz, Speicherungsfristen für Daten vorzusehen, die zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten benötigt werden, verfassungs- rechtlich zumindest höchst fraglich. Entscheidend dürfte indessen eine ganz
andere Überlegung sein: Sofern die Verfolgungs-
behörde oder die Polizei innerhalb der Speicherungsfrist einen konkreten Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Ordnungswidrigkeit hat, gelten für diese — nach Bundesrecht — gem. §§ 46 Abs. 2 und 53 Abs. 1 Satz 2 OWiG dieselben Rechte und Pflichten wie (der Staats-' anwaltschaft bzw. der Polizei) bei der Verfolgung von Straftaten. Die Bildaufzeichnungen sind dann Beweismittel und dürfen nicht nur nach §§ 46 Abs. 2 und 53 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 100 c Abs. 1 Nr. 1 a) StPO — über die Frist des beabsichtigten neuen Abs. 2 hinaus — gespeichert bleiben, um das Verfahren zum Abschluß zu bringen, sie müssen es sogar. Denn nach § 94 StPO sind Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können, in Verwahrung zu nehmen oder in anderer Weise sicherzustellen. Das Opportunitätsprinzip gilt nämlich nur für die Entscheidung darüber, ob ein Verfahren | |||||
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einzuleiten ist. Ist die Entscheidung positiv
getroffen, dann muß die Verfolgungsbehörde
auch für eine optimale Beweislage sorgen. Wäre also ein Ordnungswidrigkeitenverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen eingeleitet worden, dann müßte ein Zugriff auf die Aufzeichnung sichergestellt sein — auch über den Löschungstermin hinaus, sofern das Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht innerhalb eines Monats zum Abschluß gebracht werden könnte. Die Vernichtung der Aufzeichnung verböte sich in diesem Fall. Entsteht der konkrete Anfangsverdacht erst
nach Ablauf der Speicherfrist, sind diese
Beweismittel eben verschüttet. Eine (verfassungsrechtliche) Pflicht, aus präventiven Gründen gespeicherte Daten etwa längstens bis zum Ablauf der letzten Verjährungsfrist von Ordnungswidrigkeiten (vgl. § 31 ff. OWiG) quasi auf Vorrat zur potentiellen Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten vorzuhalten, existiert nicht. Insofern ergibt sich eine Parallele zur
gegenwärtigen Rechtssituation. So wie der konkret
handelnde, hinreichend rechtskundige Polizist die Löschungsverpflichtung im geltenden § 15 a PolG NRW schlichtweg ignorieren und seine Maßnahmen auf § 100 c Abs. 1 Nr. 1 a) StPO gründen wird, wird ihn der Umstand der fehlenden ausdrücklichen Ausnahme von der Speicherungsfrist zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nach der vorgesehenen Novel- lierung nicht davon abhalten, die Speicherungsfrist unbeachtet zu lassen, wenn er nach pflichtgemäßem Ermessen eine Ordnungswidrigkeit zu verfolgen trachtet. Er wird seine Maßnahmen schlicht auf das OWiG gründen. Gesetzgebungstechriisch könnte dieser
Konflikt freilich leicht bereinigt werden: Entweder
könnte die in Abs. 1 formulierte Ausnahme von der Speicherungsfrist für die Verfolgung von Straftaten gestrichen werden, weil insofern ohnehin die einschlägigen Vorschriften der Strafprozeßordnung gelten, oder der Gesetzgeber würde sich entschließen, in Anlehnung an § 15 Abs.1 Satz 3 PolG NRW die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten zur Klarstellung ebenfalls als Ausnahme von der Speicherungsfrist aufzunehmen. Wollte das Parlament jedoch tatsächlich
eine Beschränkung etwa auf Ordnungswidrigkeiten
von erheblicher Bedeutung vornehmen, so müßte es darauf hinwirken, daß vom zuständigen Ministerium in einer Verwaltungsvorschrift zu § 15 a eine entsprechende Regelung vor- genommen wird. Denn dies stellte eine — zulässige — Vorgabe zur Ausübung des Er- messens dar und wäre verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. | |||||||||
2. Wie sehen Sie den neuen § 15 a in seiner
Eingriffstiefe im Kontext zu
entsprechenden Regelungen in anderen Ländern und halten Sie ihn für verfassungsrechtlich bedenklich? Wie sind die Erfahrungen mit dem Instrument der ______Videoüberwachung in anderen
Bundesländern?____________________________
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Genau besehen, gliedert sich diese Frage in
eine Reihe von Unterfragen, die inhaltlich in
innerem Konnex stehen und teilweise logisch voneinander abhängig sind. Außerdem enthält sie Annahmen bzw. Unterstellungen, die auf ihre Korrektheit zu überprüfen sind. Dem soll im einzelnen nachgegangen werden: a) Soweit nach der „Eina
riffstiefe" gefragt wird, suggeriert dies, daß die im neuen
§ 15a
genannten Maßnahmen Eingriffscharakter aufweisen. Das erscheint indessen schon fraglich. Dabei ist zwischen den beiden genannten Varianten »Beobachtung« und »Aufzeichnung« zu differenzieren. aa) Die schlichte
»Beobachtung« an öffentlich zugänglichen Orten hat
keinen Eingriffs-
charakter. Jedem, der sich in der Öffentlichkeit
aufhält, ist bewußt, daß er beobachtet werden kann.
Auch wenn er sich unbeobachtet fühlt, weiß er darum, daß er beobachtet werden kann. Ihm | |||||||||
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steht es frei, sich dort wie im
geschützten Raum zu verhalten oder nicht. Allein der Umstand,
daß er sich in der Öffentlichkeit bewegt, steuert somit sein Verhalten — losgelöst davon, ob er beobachtet wird oder nicht, namentlich durch Polizeibeamte oder Videoanlagen. Andernfalls wäre auch jeder Streifengang eines Polizisten, der wachen Auges seinen Weg geht, als Eingriff zu qualifizieren. Das wird ernsthaft von niemandem behauptet. Das gilt im übrigen auch für die
technischen Möglichkeiten des Zoomens, also Vergrößern
des Bildausschnittes bei der Videographie. Denn derselbe Effekt stellt sich nämlich ein, wenn der Polizist sich seinem Beobachtungsobjekt nähert. Je nach Lage der Dinge wird dies ebenso unbemerkt vom Beobachtungsobjekt geschehen wie beim Videographieren. bb) Entgegen dem ersten Anschein gilt
für die »Aufzeichnung« an sich nichts anderes
—
namentlich wenn sie automatisch erfolgt. Streng genommen kommt ihr noch weniger Ein- griffscharakter zu als der schlichten Beobachtung. Denn solange die Aufzeichnung ma- schinell erfolgt, besteht die Möglichkeit, daß sie von keinem menschlichen Auge erblickt worden ist. Das ist also noch weniger als der Blick des Polizisten. Grundrechtliche Bedeutung kann die
Aufzeichnung erst von dem Moment an gewinnen, in
dem auf sie zugegriffen wird, insbesondere, wenn dies zielgerichtet suchend erfolgt. Ent- gegen der technisch vermittelten Beobachtung in Echtzeit besteht nunmehr die Möglichkeit der unbegrenzten Wiederholung bestimmter Sequenzen, also eines Effektes, der sich von der leibhaftigen Beobachtung deutlich unterscheidet. Was der betroffenen Person in der Flüchtigkeit des Augenblickes gleichgültig sein kann, kann in der beliebigen Wiederholung zur Peinlichkeit erwachsen. Als Konsequenz daraus ist zu ziehen, daß
weniger Augenmerk auf die Aufzeichnung selbst
zu legen ist, als vielmehr auf den Zugriff auf die Aufzeichnung. Ist technisch und organisa- torisch sichergestellt, daß dieser nicht ohne sachliche Berechtigung erfolgt, ist dem grund- rechtlichen Anliegen der videographierten Personen hinreichend Rechnung getragen. Ergibt sich dagegen ein konkreter Anhaltspunkt, der einen Zugriff rechtfertigen könnte, ist nach Lage des Einzelfalles die Rechtfertigung für den Eingriff in das Grundrecht zu prüfen und nach dieser Prüfung zu entscheiden. Die Fallvarianten hierzu können derart vielfältiger Natur sein, daß sie hier nicht alle aufgeführt werden können. Den wichtigsten Fall dürfte freilich die nachträgliche Anzeige einer Straftat darstellen. Nach §§ 152 Abs. 2 und 163 Abs. 1 Satz 1 StPO bestünde dann sogar eine Pflicht der Strafverfolgungsbehörden, das Videomaterial zu sichten und auszuwerten. Generell dürfte gelten: Soweit eine Rechtsnorm die Befugnis für einen Eingriff liefert, für welchen die Aufzeichnung ein Beweismittel darstellt, müßte der Zugriff auf das gespeicherte Material gerechtfertigt sein. Zu den Aufzeichnungsregelungen und
Löschungsfristen vgl. noch unten zu Frage 9.
b) Da sich nach diesen Ausführungen
bezüglich des § 15 a die Frage eines Grund-
rechtseingriffes nicht ernsthaft stellt, beantwortet sich insoweit die Frage nach verfassungs- rechtlichen Bedenken von selbst. Soweit sich solche aus Kompetenznormen des Grund- gesetzes speisen könnten, sind diese bereits zu Frage 1 abgehandelt. Weitere Ausführungen dazu erübrigen sich somit an dieser Stelle. c) Von dem ersten Satz dieser Frage bleibt
also lediglich der Vergleich des neuen § 15
a im Kontext zu entsprechenden Regelungen in anderen Ländern, wobei die Frage so auf- gefaßt wird, daß damit die anderen Bundesländer gemeint sind und nicht ausländische Regelungen, die ja in einem anderen verfassungsrechtlichen Umfeld zu würdigen wären. Die entsprechenden Regelungen der anderen
Bundesländer sind zu heterogen, als daß hier
im einzeln darauf eingegangen könnte. Das betrifft sowohl die unterschiedlichen Voraus- setzungen als auch Speicher-, Verwendungs- und Löschungsrechte bzw. -pflichten. Es | |||||
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würde den Raum dieser Stellungnahme
sprengen, hierzu auch nur eine Synopse liefern zu
wollen. Es läßt sich jedoch
resümieren, daß die Beobachtung mittels Bildübertragung fast
überall
dort, wo entsprechende Regelungen existieren, was in der weitaus größte Mehrzahl der Bundesländer der Fall ist, von einer unterschiedlich definierten Gefahrträchtigkeit des überwachten Ortes abhängig ist. In Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein z.B. reicht jedoch allein der Rahmen der Aufgabenerfüllung aus. Ähnliches gilt auch für die
Speicherung der aus der Beobachtung gewonnenen Daten. Hier-
für fordert z.B. Schleswig-Holstein, daß im Einzelfall Tatsachen für die Begehung von bestimmten Straftaten, namentlich Verbrechen, sprechen, und Mecklenburg-Vorpommern sowie Niedersachsen, daß Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß dort künftig Straftaten von erheblicher Bedeutung begangen werden. Andere differenzieren nicht nach Aufnahmen und Aufzeichnungen, sondern lassen die Voraussetzungen für beide gleichermaßen gelten, wie z.B. Baden-Württemberg, Bayern, Bremen, Hessen, das Saarland oder Sachsen. Sachsen-Anhalt z.B. differenziert hinsichtlich gefährdeter Objekte, bei denen Aufzeich- nungen zulässig sind und gefährdeten Orten, an den nur Aufnahmen erlaubt sind. Auch hinsichtlich der
Löschungsvorschriften eröffnet sich ein breites Feld. Während
z.B. in
Baden-Württemberg und Sachsen Bild- und Tonaufzeichnungen z.T. erst spätestens nach „zwei Monaten zu löschen, soweit sie im Einzelfall nicht zur Verfolgung von Straftaten oder ' von Ordnungswidrigkeiten, zur Geltendmachung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen oder ... zum Schutz privater Rechte, insbesondere zur Behebung einer bestehenden Beweisnot, erforderlich sind", und in Bayern, „soweit diese nicht zur Verfolgung von Ordnungswidrig- keiten von erheblicher Bedeutung oder Straftaten benötigt werden", sind Bildaufzeichnungen in Brandenburg „spätestens einen Monat nach der Datenerhebung zu löschen oder zu vernichten, es sei dehn, sie werden zur Verfolgung von Straftaten benötigt". Das Saarland etwa läßt nur eine maximale Speicherung von zwei Wochen zu, nimmt aber die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten von erheblicher Bedeutung hinzu. Sachsen-Anhalt formuliert überhaupt keine feste Frist und reichert die Aufbewahrungsgründe noch an mit der Variante, daß „tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, daß die Person künftig Straftaten begehen wird und die Aufbewahrung zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten von erheblicher Bedeutung erforderlich ist." Nach alledem läßt sich also kaum
von einer generell zu beobachtenden Tendenz ent-
sprechender Regelungen in den anderen Bundesländern sprechen. Dazu ist die Vielfalt zu groß. Ganz allgemein ließe sich allenfalls feststellen, daß Nordrhein-Westfalen sich mit der beabsichtigten Novellierung im Rahmen der auch anderswo anzutreffenden Regelungen halten würde. d) Über die Erfahrungen in den anderen
Bundesländern mit dem Instrument der Video-
überwachung ist — leider — nur wenig bekannt. Das liegt nicht zuletzt daran, daß
dieses Instrument noch nicht so lange von der Polizei im
öffentlichen Raum genutzt wird. So ist etwa im § 31 Abs. 3 Satz 6 des Brandenburgischen Polizeigesetzes eine Aufbau- und Erprobungsphase von fünf Jahren vorgesehen, nach welcher die Landesregierung einen umfassenden Bericht über Einsatz und Auswirkung der Maßnahme erstatten wird, um eine Entscheidungsgrundlage für den Landtag über den Fort- bestand der Regelung zu schaffen. Diese Zeit ist jedoch noch nicht verstrichen. Hinzu tritt, daß zwar in Kreisen von Wissenschaftlern Informationen darüber kursieren, daß vereinzelt in Bundesländern von verschiedener Seite Aufträge zur Evaluation erteilt worden sind, hierüber jedoch den Wissenschaftlern von den Auftraggebern Geheimhaltung auferlegt worden ist, so daß derart gewonnene Ergebnisse nicht publik werden. | |||||
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Es gibt zwar
vereinzelte Veröffentlichungen zu einzelnen Effekten der
Videoüberwachung.
Hinsichtlich ihrer wissenschaftlichen Aussagefähigkeit sind sie allesamt aber eher zurück- haltend zu beurteilen. Jedenfalls existiert — soweit ersichtlich — bislang keine solide, aufwendige Evaluations-Studie zu diesem Themenkreis im deutschen Raum, wobei zur Auswertung des Modellversuches der Videoüberwachung „Ravensberger Park" erst zu Frage 5 Stellung bezogen werden soll. | ||||||||||
3. Dient die Aufzeichnung
überhaupt der Gefahrenabwehr und ist die
Videoüberwachung als Mittel zur Gefahrenabwehr tauglich?______ | ||||||||||
Auch die Frage 3 ist wieder in zwei Elemente
aufzuteilen:
a) Die erste (Teil-)Frage, ob die
Aufzeichnung überhaupt der Gefahrenabwehr dient.
läßt sich aus dem geltenden nordrhein-westfälischen Polizeirecht aus mehreren Gründen eindeutig bejahen: Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW hat die
Polizei die Aufgabe der Gefahrenabwehr. „Sie
hat' gem. Satz 2 dieser Vorschrift u.a. „im Rahmen dieser Aufgabe Straftaten zu verhüten sowie für die Verfolgung künftiger Straftaten vorzusorgen (vorbeugende Bekämpfung von Straftaten)". Unter gewissen Voraussetzungen obliegt ihr gem. Abs. 2 dieser Vorschrift auch der „Schutz privater Rechte". Die Varianten möglicher präventiver
Nutzung der Videoaufzeichnung sind prinzipiell
grenzenlos. Beispielhaft seien hier nur einige mögliche Anwendungsfelder angeführt. Läßt sich anhand der
Videoaufzeichnungen ein Rädelsführer bei Straftaten oder
Störungen
der öffentlichen Sicherheit identifizieren, ermöglicht dieser Umstand der Polizei, diesem gegenüber bei nächster Gelegenheit eine Platzverweisung gem. § 34 PolG NRW auszu- sprechen — ein eindeutig präventiver Kontext i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW. Läßt sich anhand der
Videoaufzeichnungen zeitnah ein Räuber identifizieren, so ist die
Poli-
zei möglicherweise in der Lage, das geraubte Gut zu sichern und dem Opfer zurückzugeben — ein eindeutiger Anwendungsfall von §
1 Abs. 2 PolG NRW, der jedenfalls eine größere
Nähe zur Prävention als zur Repression aufweist. Der Hauptanwendungsfall wird indessen im
Bereich des § 1 Abs. 1 Satz 2 PolG NRW liegen:
in der Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten — einer Aufgabe, die nach der expliziten Aussage des Gesetzes ebenfalls der Prävention zuzurechnen ist. Gerade weil die gesetzliche Voraussetzung im vorgesehenen neuen § 15 a für die Bildaufzeichnung sein soll, daß an den betreffenden Orten „wiederholt Straftaten begangen wurden und deren Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigt", kann davon ausgegangen werden, daß es trotz Überwachung zu weiteren Straftaten kommt. Nicht immer werden die not- wendigen Einsatzkräfte rechtzeitig vor Ort sein können, um die Straftat zu verhindern. Bisweilen wird sie — aus vielfältigen organisatorischen, technischen oder sonstigen Gründen — trotz Bildübertragung unbeobachtet
bleiben. Dann ist die Polizei in der Lage, mittels
wiederholten Abspielens der betreffenden Sequenz den Tathergang besser noch als bei einer körperlichen Anwesenheit zu rekonstruieren und den Täter zu identifizieren sowie das gesamte Tatgeschehen in seinem Umfeld zu erfassen — ein klassischer Fall der Vorsorge für die Verfolgung künftiger Straftaten. >
Wollte man derartige Anwendungsfälle der
Norm nicht zum Komplex der Prävention zählen,
dann dürfte man nicht an der Vorschrift des beabsichtigten § 15 a ansetzen, sondern müßte die Konstruktion der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten prinzipiell in Frage stellen — also letztlich ein anderes Polizeiaufgabenverständnis propagieren. | ||||||||||
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dann rechtfertigen sich auch massenhaft
Maßnahmen bei Vorliegen massenhafter Gefahr-
lagen. Genau das ist Ausdruck von Proportionalität oder deutsch: Verhältnismäßigkeit. Damit verschiebt sich die Frage auf die
Rechtfertigung des Kameraeinsatzes, richtiger: des
Zugriffes auf damit gewonnene Daten, auch zur Abwehr von „einfachen" Straftaten im Gegensatz zu „Straftaten von erheblicher Bedeutung". Die Antwort hierauf findet sich wiederum in
§ 1 Abs. 1 Satz 1 PolG NRW (wie im übrigen in
allen anderen Polizeigesetzen der Länder und des Bundes): Wenn zur öffentlichen Sicherheit als vornehmstes Element die Unversehrtheit der Rechtsordnung gerechnet wird, dann gehören dazu nicht allein Straftaten von erheblicher Bedeutung, sondern alle Straf- taten, auch die — vermeintlich — geringen. Im Rahmen der Begrifflichkeit „Öffentliche Sicherheit" findet sich nämlich nirgendwo eine irgendwie geartete Differenzierung zur Unversehrtheit der Rechtsordnung. Wenn der Gesetzgeber hieraus in der vorliegenden Novelle für eine neue technische Gefahrenabwehrmöglichkeit seine Konsequenzen dazu zieht, hält er sich damit durchaus im Rahmen des Herkömmlichen und insofern — soweit ersichtlich — an noch keiner Stelle (verfassungsrechtlich unter dem Aspekt des Verhältnis- mäßigkeitsprinzip) Kritisierten. Damit nicht genug: Das
Verhältnismäßigkeitsprinzip gewinnt in diesem Zusammenhang
noch
eine andere Bedeutung. Denn bekanntlich rückt zunehmend —
und nicht erst seit dem 11. September 2001 — die
Freiheitsbedrohung des Einzelnen durch Private in den Mittelpunkt des Interesses. Deshalb hat das Bundesverfassungsgericht schon seit langem zu Gunsten des Einzelnen eine Schutzpflicht des Staates gegen Eingriffe Dritter in grundrechtlich geschützte Freiheitsbereiche anerkannt. Diese läßt sich dann aber nicht auf den Schutz vor Straftaten mit erheblicher Bedeutung reduzieren. Wenn nämlich namentlich Frauen jeden Alters und auch ältere Männer bestimmte öffentliche Räume meiden und so — wie im Beispiel des Ravensberger Parks — auf die Teilnahme an Bildungsveranstaltungen der Volkshochschule, an politischen Veranstaltungen oder Festivitäten (zu) verzichten müssen (glauben), stellt dies einen nicht unerheblichen Eingriff in die persönliche Lebensgestaltung und Dispositionsgewalt und somit eine beträchtliche Reduzierung der Lebensqualität dar. Kann der Staat — in Gestalt polizeilicher Video-Überwachungstätigkeit — hiergegen wirksame Abhilfe schaffen, so könnte dies daher sogar unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeitsabwägung geboten erscheinen, zumal auf die gespeicherten Daten nur unter engen rechtlichen Voraussetzungen zurückgegriffen werden darf und damit dem Schutzbedürfnis der von den Kameras erfaßten Personen hinreichend Rechnung getragen ist. | |||||||
5. Wie bewerten Sie die Auswertung des
Modellversuchs Videoüberwachung
______„Ravensberger Park" in Bielefeld?________________________________________ Zu dieser Frage kann vom Verfasser dieser
Zeilen keine unbefangene Antwort erwartet
werden, weil von ihm die Auswertung stammt, nach deren Bewertung gefragt wird. Gleichwohl seien einige kurze Anmerkungen
erlaubt:
Auf die relativ schmale Datenbasis, auf
welcher der Abschlußbericht beruht, ist bereits im
Anschreiben des Innenministers an den Präsidenten des Landtags verwiesen worden. Diese ist dem Umstand geschuldet, daß es erklärtes Ziel des Gesetzgebers war und ist, eine flächendeckende Videoüberwachung zu vermeiden und landesweit nur ein Pilotprojekt durchgeführt worden ist, das ausgewertet werden konnte. Eine an mehreren Orten durch- geführte großzügige, flächendeckende Videoüberwachung hätte freilich quantitativ er- giebigeres Zahlenmaterial geliefert. Wissenschaftlich wäre das natürlich fruchtbarer ge- | |||||||
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wesen. Politisch war es jedoch nicht gewollt.
Das ist so schlicht zu konstatieren, nicht zu
beklagen. Unseriös wäre nur, die schmale Datenbasis zu kritisieren und gleichzeitig die Erlangung einer breiteren Datenbasis zu verhindern. Kritik am Bielefelder Pilotprojekt
„Ravensberger Park", die sich daran entzündet, daß
die
Kriminalitätszahl 2001 im Verhältnis zum Jahr 2000 gestiegen war, läßt gleich mehrere Faktoren unberücksichtigt. Es hat in Bielefeld beginnend Ende des Jahres
1999 das ganze Jahr 2000 hindurch eine
öffentliche Diskussion über die Videoüberwachung im Ravensberger Park — unter gehöriger Begleitung durch die Presse — stattgefunden. Daraus läßt sich ein „Placebo-Effekt" vermuten, d.h. ein Umstand, der dazu führt, daß Personen ihr Verhalten schon auf eine Videoüberwachung eingestellt haben, obwohl diese noch nicht stattgefunden hat. Mög- licherweise haben manche sogar vermutet, die Kameras seien bereits (heimlich) in Betrieb. Der korrekte Vergleichszeitraum mußte daher die gesamten Jahre 2000 und 2001 umfassen. Und in diesem Zeitraum ist die Kriminalität insgesamt signifikant zurückgegangen. Je kleiner ein untersuchtes Gebiet ist, desto
drastischer müssen sich einzelne Ereignisse
prozentual auswirken. Daher ist in den Abschlußbericht die Anmerkung 11 aufgenommen worden, die einen Erklärungsansatz für den — temporären — Anstieg einer bestimmten Deliktsart bietet. Außerdem entspricht es allgemeiner
Erfahrung, daß sich die Deliktshäufigkeit nach gewisser
Zeit von ihrem Tiefstpunkt wieder aufwärts entwickelt — jedoch nicht auf ihren Ursprungs- zustand. Das bestätigt auch die Studie. Im übrigen spricht das Ergebnis für
sich selbst: Die Kameras mußten im Jahre 2002 abge-
baut werden, weil die — (derzeit noch) geltenden — gesetzlichen Voraussetzungen entfallen waren. Die Straftaten von erheblicher Bedeutungen hatten sich nämlich so stark reduziert. Der Tendenz nach zeigt sich ein vergleichbarer
Effekt auch andernorts: In Regensburg ist —
bei einer weitaus bescheideneren und völlig anders ausgelegten Technik sowie anders- gearteten Rahmenbedingungen — die Kriminalität an ausgewählten örtlichkeiten in einem Jahr Videoüberwachung um 13,66% zurückgegangen. In Frankfurt war ein Rückgang von insgesamt 524 Delikten im Jahre 1999, dem Jahr vor der Videoüberwachung, auf insgesamt 333 Delikte (71 oberirdisch, 192 unterirdisch und 70 in den Seitenstraßen) im Jahre 2001 zu verzeichnen. In acht Fällen konnten die Täter bei oder unmittelbar nach der Tatausführung aufgrund der Beobachtung über die Überwachungsmonitore festgenommen werden. | |||||||||
6. Wie definieren Sie den
Begriff „Kriminalitätsbrennpunkt"? Nach welchen Kriterien
sollte vor Ort entschieden werden? | |||||||||
Der Begriff
„Kriminalitätsbrennpunkt" findet sich nicht im Gesetz. Er ist
auch entbehrlich. In
der Sache dürfte er präziser durch die Tatbestandsmerkmale des vorgesehenen neuen § 15 a erfaßt sein, nämlich als einzelne Orte (also nicht Großflächen), an denen wiederholt Straftaten begangen wurden (Erfahrungspotential) und- deren Beschaffenheit (nicht also deren bloße Existenz) die Begehung von Straftaten begünstigt (Prognoseelement): Damit ist dem Erfordernis einer hinreichenden Grundlage für Eingriffe in Grundrechte Rechnung getragen (vgl. o.). Im übrigen wird es der konkreten sorgfältigen — polizeilichen — Analyse der zu erwartenden Straftaten sowie des Umfeldes und weiterer Faktoren unter dem Aspekt von polizeilicher Strategie und Taktik überantwortet bleiben müssen, verantwortungsvoll die betreffenden Orte herauszufinden. | |||||||||
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7. In der Debatte um
Videoüberwachung im öffentlichen Raum ist oft von
Verdrängung
der Kriminalität die Rede. Wie schätzen Sie die Verdrängungsproblematik hinsichtlich des überwachten Raums und angrenzender Gebiete aber auch insgesamt für ein Stadtgebiet und kriminalgeographischer Räume ein?_________________________ | ||||||||||
Mangels solider wissenschaftlicher Studien zu
diesem Themenkreis muß jede Antwort auf
diese Frage mehr oder weniger spekulativ ausfallen. Aus Großbritannien sind
widersprüchliche Studien bekannt, so daß von dort keine reelle
Basis für eine fundierte Aussage zu beziehen ist. Die Auswertung des Pilotprojekts
„Ravensberger Park" in Bielefeld ließ jedenfalls keinen
Verdrängungseffekt erkennen. Zum insoweit übereinstimmenden Bild gelangt auch eine Studie zur Pilotmaßnahme zu einer geplanten Videoüberwachung während des Münchener Oktoberfestes. Möglicherweise ergeben die bislang
vorliegenden sporadischen Untersuchungen deshalb
kein klares Bild, weil eine mögliche Verdrängung orts- bzw. deliktsspezifisch erfolgt. So wäre es lebensfremd anzunehmen,
rauschmittelsüchtige Personen würden ihre Ab-
hängigkeit allein wegen der Bildüberwachung ihres vertauten Raumes beenden. Insofern liegt es nahe, eine Verdrängung zu vermuten. Allerdings läßt sich diesem Effekt wirksam begegnen. So hat die Polizei in Frankfurt durch die Videoüberwachung die abhängigen Personen aus dem betreffenden Raum vertrieben und zugleich durch erhöhten Fahndungs- druck ein Festsetzen an Ausweichorten verhindert. Andererseits sind bestimmte Orte für
gewisse Delikte möglicherweise besonders geeignet.
Kreditkartendiebstahl zu Lasten von Touristen wird dort erleichtert, wo sich Touristen massiert aufhalten, Kraftfahrzeugdiebstahl, der teilweise auf Bestellung erfolgt, dort, wo — möglichst für längere Zeit, um das Diebesgut besser sichern zu können — massenhaft Autos geparkt sind, um das gewünschte Modell in Farbe und Ausstattung leichter zu finden. Exakt diesem Umstand trägt die
beabsichtigte Neuregelung des § 15 a Rechnung, indem die
Befugnis zur Bildübertragung auf Orte beschränkt wird, „deren Beschaffenheit die Begehung von Straftaten begünstigt'. Im übrigen wird dieser Aspekt bei der verantwortungsvollen Auswahl des „Kriminalitätsschwerpunktes", von der am Ende des vorigen Abschnittes die Rede war, eine bedeutende Rolle spielen (müssen). | ||||||||||
8. Ist aus Ihrer Sicht durch die
Videoüberwachung an Kriminalitätsbrennpunkten ein
objektiver Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung gegeben? Bedarf es eines vermehrten Personaleinsatzes, um mit dem Instrument der Videoüberwachung einen effektiven Schutz vor Straftaten zu bewirken? Könnte man nicht stattdessen verstärkte Steifengänge durchführen? Muss/kann der Überwachungsmonitor mit ______Personal besetzt werden und- welcher
Aufwand ist hierfür notwendig?______ ____
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Diese Frage gliedert sich wiederum in
verschiedene Teile, die nacheinander beantwortet
werden. a) Eine verläßliche Antwort zum
objektiven Sicherheitsgewinn für die Bevölkerung setzte
das Vorhandensein eines zweifellosen Meßkriteriums voraus. Das gibt es jedoch nicht. Mangels dessen bleibt lediglich, auf die
Kriminalstatistik zurückzugreifen. Abgesehen von
den Problemen deren Zustandekommens kann sich der Effekt eines objektiven Sicherheits- gewinns geradezu diametral in der Statistik niederschlagen: Die Videoüberwachung kann | ||||||||||
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dazu führen, daß sich
Straftäter nunmehr davon abhalten lassen, (in dem überwachten
Raum) Straftaten zu begehen. Dann sinkt die Kriminalitätsrate in der Statistik. Sie kann aber auch dazu führen, daß nunmehr deutlich mehr Straftaten erkannt und verfolgt werden. Dann steigt die Kriminalitätsrate in der Statistik. Zumindest müssen daher zahllose
Begleitumstände, die zu einem bestimmten Effekt in der
Statistik geführt haben, mit berücksichtigt werden. Dazu gehört auch, ob flankierend Streifen im Einsatz waren und gegebenenfalls in welchem Umfang, oder ob umgekehrt völlig auf Streifen während des Überwachungszeitraumes verzichtet wurde. Auch zwischenzeitlich vorgenommene bauliche Veränderungen können kriminalstatistische Aussagen ebenso anders interpretieren lassen wie ein durch welche Umstände auch immer verändertes Anzeigeverhalten. Im übrigen weist die Kriminalstatistik
nicht diejenigen Straftaten auf, die durch rechtzeitiges
Handeln der Polizei im Rahmen ihres präventiven Auftrages durch die Videoüberwachung verhindert werden konnten. Bei aller Vorsicht lassen sich doch manche
handfeste Beweise für die positive Auswirkung
auf die Sicherheit der Bürger vorweisen, wenn nämlich in Frankfurt in acht Fällen die Täter bei oder unmittelbar nach der Tatausführung aufgrund der Beobachtung über die Über- wachungsmonitore festgenommen oder in Leipzig seit April 1997 in dem Überwachungs- bereich 15 Tatverdächtige u.a. bei Diebstahlshandlungen bzw. Betäubungsmitteldelikten mit Hilfe der Videoüberwachung mittelbar bzw. unmittelbar festgestellt werden konnten. Außerdem sei auf die Ausführungen
oben zum positiven Effekt im Zusammenhang mit dem
Bielefelder Pilotprojekt verwiesen. b) Um mit der Videoüberwachung einen
effektiven Schutz vor Straftaten zu bewirken,
bedarf es prinzipiell keines vermehrten Personaleinsatzes. Das ist ein eindeutiges Resultat aus dem Bielefelder Pilotprojekt „Ravensberger Park", das im übrigen aber auch durch die Praxis in anderen Städten (Frankfurt, Mannheim, Regensburg) bestätigt wird. c) Natürlich könnte man statt dessen
verstärkte Streifengänge durchführen. Es gibt
nahezu immer eine-Alternative. Man hätte im Bielefelder Ravensberger Park auch hinter jeden Baum und Busch jeweils einen Streifenbeamten 24 Stunden am Tag lang postieren oder das Areal täglich 24 Stunden lang im Hubschrauber aus der Luft überwachen können. Wenn man aber statt schlicht nach der Existenz einer Alternative zu fragen, Effizienzer- wägungen und ökonomisches Kalkül mit einbezieht, erscheint vermehrter Streifengang im Vergleich zur Bildübertragung weniger geeignet. d) Ebenso leicht läßt sich die Frage
beantworten, ob der Oberwachungsmonitor mit Per-
sonal besetzt werden muß/kann. Ja, er kann mit Personal besetzt werden. Nein,
er muß es nicht. Im letzten Falle ist allerdings
eine Beobachtung, die nur ein Mensch vornehmen kann, nicht möglich, sondern nur eine Aufzeichnung. Insofern liefe die Vorschrift bei mangelnder Personalbesetzung teilweise leer. Sinnvollerweise wäre eher nach
Personalmehrbedarf zu fragen. Aber diese Frage ist ja
schon oben beantwortet. e) Wenn der Überwachungsmonitor nicht mit
Personal besetzt ist, ergibt sich kein Auf-
wand, wenn er mit Personal besetzt ist, jedenfalls kein Mehraufwand (vgl. o.). | ||||||
9. Wie sollen
Aufzeichnungsregelungen und Löschungsfristen aussehen?
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