Big Brother Awards in Deutschland verliehen

Thomas Mayer am 25. Oktober 2003

"And the winner is ..." hieß es gestern wieder siebenmal in Bielefeld bei der Verleihung der Big Brother Awards durch den Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs, kurz FoebuD. Preisträger sind u.a. die Regierung der USA, die GEZ und die T-Online AG.

Den "Lifetime Award" und damit die wichtigste Auszeichnung des Nachmittags holte sich die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) für ihre Datensammelwut. Dabei bezieht sie die Daten systematisch von Meldebehörden, anderen öffentlichen Stellen, sowie Adresshändlern und anderen Quellen, ohne sich jedoch einer wirksamen Kontrolle zu unterwerfen. Sie entzieht sich der Kontrolle durch die Landesdatenschutzbeauftragten, sondern wird von den Beauftragten der Rundfunkanstalten selbst begutachtet, die eben nicht unabhängig sind, was der Europäischen Datenschutzrichtlinie aber gefordert wird.

Weitere Gründe liegen in der generellen Verdächtigung aller Bürger, sowie ihrem schizophrenen Auftreten einerseits als öffentliche Behörde, wenn sie vermeintliche Schwarzhörer/-seher anspricht oder anschreibt, andererseits als kaufmännische Firma, wenn sie Daten säumiger Zahler an Inkassofirmen übermittelt.

In der Kategorie "Arbeitswelt" hat sich die Deutsche Post AG hervorgetan. Da sie sich immer mehr aus der Fläche zurückzieht, werden in vielen Orten nur noch Postagenturen von kleinen Läden betrieben, deren Inhaber als geringfügig Beschäftigte einen Arbeitsvertrag unterzeichnen müssen, in dem sie einen Vertrauensarzt von der Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber entbinden müssen, falls ihre Arbeitskraft gesundheitlich bedingt länger als zwei Wochen nicht zur Verfügung stehen sollte.

Das Schwesterunternehmen, die Deutsche Telekom AG, ging dieses Jahr zwar leer aus, nicht jedoch deren Tochter, die T-Online AG. Sie bekam ihren Preis in der Rubrik "Kommunikation" für die datenschutzwidrige Langzeitspeicherung von Verbindungsraten bei Flatrate-Kunden. Die Daten dürfen nur zur Rechnungsstellung gespeichert werden, doch ist dies bei o.g. Kunden eben nicht notwendig. So ist dieses Verhalten zwar durch das Regierungspräsidium Darmstadt abgesegnet, doch entspricht dies nicht dem Prinzip der Datensparsamkeit.

Die Metro AG bekam für ihren Future-Store und die Benutzung von RFID-Chips die Auszeichnung in der Abteilung "Verbraucherschutz". Mit dieser Technik werden die bisher gebräuchlichen Barcodes überflüssig und durch Chips mit eingebauten Antennen ersetzt, die eine eindeutige Kennung aussenden. Da in Zukunft auch Kunden- und Kreditkarten mit diesem Chips ausgerüstet werden, ist einer Profilierung von Einzelpersonen Tür und Tor geöffnet.

In der Kategorie "Behörden/Verwaltung" bekam die Auszeichnung dieses Jahr die US-Regierung für die Forderung an Fluglinien, sämtliche Daten von Fluggästen an ihre Behörden zum Zwecke des Kampfes gegen den Terrorismus zu übermitteln. Einwände europäischer Datenschutzstellen wurden von den zuständigen Behörden als Datenschutzgedöns abgewiegelt, das angesichts der Gefahr des internationalen Terrorismus zurückstecken muss. Damit erhalten die USA nicht nur Einblick in die reinen Flugdaten der Airlines, nicht nur in die Namensliste und Geburtsdaten der Fluglinien, sondern auch in Kontodaten, Kreditkartennummern, Essenswünsche, Hotelbuchungen usw., weil die Fluglinien den Behörden direkten Zugriff auf ihre Datenbestände gestatten müssen.

Dem Kampf gegen den Terror haben sich auch die Regierungen/Innenminister der Bundesländer Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen zu eigen gemacht, die mit dieser Begründung die Landespolizeigesetze verschärft haben und somit weitreichende Einschränkungen von Grund- und Freiheitsrechten beschlossen haben. Ihnen gebürt der Preis in der Kategorie "Politik".

In der Rubrik "Regional" erhielt der Innensenator von Berlin, Dr. Ehrhart Körting für seine Rechtfertigung des Einsatzes der sogenannten stillen SMS zur Überwachung von Tatverdächtigen. Zwar sei das datenschutzrechtlich problematisch, jedoch dürfe Datenschutz nicht zum Täterschutz werden. Eine Begründung, die so alt ist wie das Thema Datenschutz selbst. Aber schön, sie mal wieder gehört zu haben.

DER GROSSE BRUDER gratuliert hiermit nochmal allen Preisträgern und wünscht ihnen auch in Zukunft viel Misserfolg. Danke.

Der gro&azlig;e Bruder, 25. Oktober 2003
Original: http://www.dergrossebruder.net/main.php?id=100310bba