FOCUS: Dass deutsche Politiker gegen die Betreiber des Daten-Abhörsystems Echelon einen
Strafantrag stellen, zeigt, dass der Schutz der Privatsphäre von Internet-Nutzern ernst
genommen wird. Warum dann jetzt der Big-Brother-Award?
Weichert: Mit dem Preis wollen wir verstärkt die Verletzung der Privatsphäre von Netz-Nutzern anprangern. Wir ächten besonders Missstände beim Umgang mit persönlichen Daten durch Firmen, Behörden und Organisationen.
FOCUS: Wie wählte die Jury die Datensünder aus?
Weichert: Die Datensünden mussten viele betreffen und systematisch sein. Sehen Sie, der Online-Bürger ist sich der Gefahr oft ja gar nicht bewusst.
FOCUS: Deutschland hat ein anerkannt gutes Datenschutzgesetz. Genügt das nicht?
Weichert: Im internationalen Vergleich ist es sicherlich gut. Das Gesetz wurde aber in den
80er-Jahren entworfen und erfasst so nicht mehr die technischen Möglichkeiten des Internet im 21. Jahrhundert.
FOCUS: Erklären Sie das doch bitte etwas genauer?
Weichert: Heute gibt es beispielsweise Schnüffelprogramme, mit denen Unternehmen die
persönlichen Daten der Besucher ihrer Web-Seiten abfragen und diese dann zu Werbezwecken
verkaufen. Dazu müssen sie die Onliner nicht fragen. So wird das Vertrauen in den
Zukunftsmarkt E-Commerce zerstört, und die Web-Nutzer werden für dumm verkauft.
FOCUS: Und Sie glauben, dass die Preisträger auf Grund der Auszeichnung damit aufhören?
Weichert: Nein, wir machen uns keine Illusionen. Sie werden weiter abwiegeln, dementieren
und Sand in die Augen streuen. Einige der Sünder bitten wir schon lange um ein Gespräch.
Bisher wurde es immer verweigert.
Den Preis verlieh die Jury in verschiedenen Kategorien mit folgenden Begründungen:
Weitere Infos unter www.bigbrotheraward.de
Focus, 30. Oktober 2000