"Big Brother Award" 2003 verliehen

GEZ, T-Online und Deutsche Post erhalten "Negativ-Preis für Datenkraken"

Sie ist 28 Zentimeter hoch, von einer Glasscheibe durchtrennt und von einem Bleiband gefesselt: Die Skulptur, die so recht niemand will, auch nicht die Gebühreneinzugszentrale (GEZ). Die GEZ erhält den "Big Brother Award" 2003 "für deren unermüdlichen Einsatz bei der bedingungslosen Ermittlung von Schwarzseherinnen und Schwarzhörern" - und niemand von der GEZ hat den Weg von Köln nach Bielefeld gefunden, wo zum vierten Mal die "Negativ-Preise für Datenkraken" verliehen wurden.

von Katrin Meyer, 24.10.2003

Auch die Deutsche Post darf sich dieses Jahr über eine "Auszeichnung" für ihre Deutsche Post Shop GmbH "freuen". Als Begründung geben die Juroren neue Arbeitsverträge an, die die Post-Gesellschaft Mitarbeitern von Postagenturen aufzwingen wolle. "In diesen Arbeitsverträgen sollen die Arbeitnehmer pauschal einwilligen, einen von der Deutschen Post-Shop GmbH bestimmten Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, wenn sie länger als zwei Wochen krank sind."

Vier Landespolizeigesetze kritisiert

Den diesjährigen Preis in der Kategorie "Politik" teilen sich die Regierungen und Innenminister der Länder Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen. Bei diesen Bundesländern prangert die Jury die Verschärfung der Landespolizeigesetze an, "die drastische Einschnitte in elementare Grund- und Freiheitsrechte einer Vielzahl unverdächtiger Personen einkalkulieren".

Jury-Mitglied und Organisatorin Rena Tangens stellt allerdings im heute.online-Interview klar, dass beim "Big Brother Award" weder Firmen noch Leute an den Pranger gestellt werden sollen. "Wir möchten tatsächlich etwas erreichen - zum Beispiel, dass Firmen ihren Umgang mit persönlichen Daten von Bürgern ändern", so Tangens. So bedeute auch die diesjährige Unterstützung des Negativ-Preises durch ver.di und den DGB vor allen Dingen "mehr Aufmerksamkeit für die Tatsache, dass der Datenschutz ein zunehmend wichtigeres Problem in der Arbeitswelt wird", erläutert Tangens.

T-Online speichert zu viele Flatrate-Daten

In der Sparte "Kommunikation" erhält T-Online den Anti-Preis. Dafür, dass die Firma die IP-Nummern ihrer Flatrate-Kunden speichert.

Aber nicht nur deutsche "Datenkraken" kriegen "ihr Fett weg". Der Initiator FoeBUD (Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs) und die sechs unabhängigen Organisationen, die beim "Big Brother Award" beteiligt sind, zeichnen die Regierung der Vereinigten Staaten aus. Weil diese insbesondere deutsche Fluglinien nötigten, "diversen US-Behörden Zugriff auf die umfangreichen Buchungsdaten aller Passagiere zu gewähren", die in die USA reisen wollen.


"Big Brother Award"
Mit den BigBrotherAwards soll das abstrakte Thema Datenschutz durch konkrete Beispiele anschaulich und allgemein verständlich werden. Der "Oscar für Datenkraken" wird seit 2000 verliehen. In den vergangenen Jahren erhielten beispielsweise das LKW-Mautsystem, Microsoft, die Payback-Kundenkarte und die Videoüberwachung der Bahn den Negativ-Preis.

Heute Online, 24. Oktober. 2003
Original: http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/13/0,1367,COMP-0-2074861,00.html