Big Brother Award" für das Rabattkartensystem vergeben

Bielefeld (lnw) - Für seine Verstöße gegen den Datenschutz hat der Anbieter von Rabattkarten, die Loyalty Partner Gesellschaft für Kundenbindungssysteme mbH (München), den ersten deutschen "Big Brother Award" erhalten. "Die so genannte Payback-Karte dient lediglich dazu, personalisierte Daten zum Kaufverhalten von tausenden von Verbrauchern zu gewinnen und kommerziell zu nutzen", sagte eine Jurysprecherin bei der Verleihung der Negativ-Auszeichnung am Donnerstag in Bielefeld. Mit der Trophäe sollen Firmen, Institutionen und Personen gerügt werden, die die Privatsphäre von Menschen verletzt oder persönliche Daten weitergegeben haben.

Unter dem Deckmantel der Rabattmarke sei mit der Payback-Karte ein System geschaffen worden, mit dem Daten in großem Umfang erhoben, ausgewertet und weiter gegeben würden - ohne dass die Verbraucher darüber informiert seien. "Partnerunternehmen wie etwa der Energieversorger RWE schicken ihren Kunden mittlerweile ungefragt Payback-Karten zu, die mit der Gewährung von geringeren Strompreisen verbunden sind", erklärte die Jurysprecherin. Ein Kunde, der nicht auf diesen Rabatt verzichten wolle, habe keine Möglichkeit, die Erstellung eines Profils seiner Kaufgewohnheiten zu verhindern.

Neben der Münchner Loyalty Partner Gesellschaft, die den Hauptpreis erhielt, wurde sechs weiteren Unternehmen, Institutionen und Politikern ein "Big Brother Award" zugesprochen. Der Negativ- Preis ging auch an den Innensenator von Berlin, Eckart Werthebach (CDU), für dessen geplante Erweiterung und Erneuerung der Telefonüberwachungsanlage in der Bundeshauptstadt. Für ihre Videoüberwachung wurde die Deutsche Bahn AG "ausgezeichnet".

Die Firma GMX, nach eigenen Angaben größter deutscher Anbieter eines kostenlosen e-mail-Services, erhielt den "Big Brother Award", weil sie die elektronische Post ihrer Nutzer ungenügend gesichert habe. Weitere Preisträger sind das Bundesverwaltungsamt in Köln für sein Ausländerzentralregister, der Webserver Apache sowie die Bielefelder Stadtwerke, die ihre Fahrgäste in vier Linienbussen mit einem lokalen Radiosender beschallen.

Der "Big Brother Award", der auf George Orwells Roman "1984" zurückgeht, wird seit 1998 von verschiedenen Organisationen in Großbritannien, in Österreich, in der Schweiz und in den USA verliehen. Zu den Organisatoren der ersten Preisvergabe in Deutschland gehört die Deutsche Vereinigung für Datenschutz. Ziel der Preisverleihung sei es, in der Bevölkerung das Bewusstsein für die Bedeutung des Datenschutzes zu schärfen.

Lippe Online, 28. Oktober 2000