And the winner is...

"Der Big Brother Award" nun auch in Deutschland

Von Fiete Stegers

Firmen, die unsensibel mit Kundendaten umgehen und Politiker, für die Datenschutz ein Fremdwort ist, sollen mit einem Negativ-Preis geoutet werden: Nach britischem Vorbild wollen Netzaktivisten im Oktober auch in Deutschland den "Big Brother Award" verleihen. Bis zum 25. September können noch Nominierungen eingereicht werden.

Zum 50-jährigen Erscheinen von George Orwells Überwachungsstaat-Vision "1984" hatte die Bürgerrechtsorganisation Privacy International 1998 den "Big Brother Award" in Großbritannien ins Leben gerufen. 1999 folgten Organisationen in den USA und Österreich ihrem Beispiel mit einer eigenen Preisverleihung.

In der Alpenrepublik "ehrte" die Jury Preisträger in unterschiedlichen Sparten wie Behörden oder Business. Den "Lifetime Award" bekam Innenminister Karl Schlögl, den die Jury für schwerwiegende Eingriffe ins Redaktionsgeheimnis verantwortlich machte. In einer Kategorie entschieden statt der Jury Volkes Stimme - und verpasste den Preis Microsoft Österreich für seine Geschäftspraktiken einen "Big Brother Award".

Bei der Deutschland-Premiere beschränken sich die Preisverleiher auf ein Jury-Verfahren. In der Jury sitzen Vertreter von FoeBuD, dem Chaos-Computer-Club, dem Forum Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) und Datenschutz-Spezialist Thilo Weichert. Die Jury wird die Nominierungen überprüfen und einen Preisträger auswählen. Vorschläge für Kandidaten machen kann dagegen jeder: noch bis zum 25. September über die Website www.big-brother-award.de. Knapp 15 Nominierungen gibt es schon. "Anonyme Postkarten", auf denen nur "Microsoft"; steht, haben wir aber aussortiert, erklärt Netzkünstler Padeluun vom FoeBud e. V.

Wer denn Award bekommt, wird 26. Oktober in Bielefeld verkündet - zeitgleich mit den Zeremonien in Österreich, Großbritannien, der Schweiz und den USA. Wenn der Preisträger tatsächlich selbst erscheint, soll er die Möglichkeit haben, sich zu den Vorwürfen zu äußern, die ihm die Trophäe eingebracht haben.
Um die Bedeutung des Preises zu erhöhen,plant Padeluun vom FoeBud e. V. derzeit noch, weitere Organisationen ins Boot zu holen, die sich mit Bürgerrechten und Datenschutz beschäftigen. Für Pressearbeit, Recherchekosten und sonstige Spesen hoffen hofft Padeluun im nächsten Jahr auf finanzielle Unterstützung vom Bundeswirtschaftsministeriums: Durch das Aufzeigen von Problemen würde der Preis schließlich die Akzeptanz von Datenverkehr erhöhen, und das sei ja ganz im Sinne des Ministeriums. Mehr Professionalität könnte dem deutschen Big Brother Award nicht schaden: Obwohl die Vorbereitungen für die 2000er Vergabe seit Monaten liefen, machte nur eine minimale Webpräsenz darauf aufmerksam.

Politik-Digital, September 2000