BigBrotherAwards

Dieses Jahr wird der Preis für unverschämte Überwacher erstmals auch in Deutschland verliehen

Ernst Corinth

In Deutschland werden dieses Jahr nach englischem Vorbild zum ersten Mal BigBrotherAwards vergeben. Ein Preis für Institutionen, Firmen und Organisationen, die in besonderer Weise die Privatsphäre von Menschen nachhaltig beeinträchtigen.

Getragen wird die Initiative, die noch über die Netzseite www.big-brother-award.de, später dann unter www.bigbrotherawards.de zu erreichen ist, von dem Bielefelder Verein für sozialverträgliche Technikgestaltung FoeBuD, dem Chaos Computer Club und der Deutschen Gesellschaft für Datenschutz.

Die Preisverleihung findet am 26. Oktober in Bielefeld statt, zeitgleich mit ähnlichen Veranstaltungen in Österreich und der Schweiz. Noch bis zum 25. September können über die Netzseite preisverdächtige Kandidaten vorgeschlagen werden. Die nominierten Institutionen, Organisationen oder Firmen sollen zur Verleihung eingeladen werden und Redezeit eingeräumt bekommen. Eine Chance, die im vergangenen Jahr die Gewinner der österreichischen BigBrotherAwards allerdings nicht nutzen. Darunter übrigens verschiedene EU-Parlamentarier, die "für ihren Versuch, in einer Nacht- und Nebelaktion im Europaparlament die ENFOPOL-Abhörinitiative durchzudrücken", die zweifelhafte Ehre hatten, ausgezeichnet zu werden ( Österreich kürt seine größten Brüder).

Für die deutschen Veranstalter ist die Preisverleihung Teil ihrer Aufklärungsarbeit über Datenschutz und Datenmissbrauch. Gerade "heute, nach der Ausbreitung des Internet und der Heimcomputer in fast jedem jungen Haushalt, können viele Menschen ahnen, welche Gefahren das Sammeln und Verknüpfen von Daten in sich bergen," heißt es dazu auf der Netzseite der Initiatoren in einem "Letter of Intent".

Konkrete Aufklärung sei daher notwendig, weil diffuse Ängste bisher eine allgemeine Akzeptanz z. B. neuer Bestellwege verhinderten und sich als Bremse im eCommerce auswirke. "Hier kann der BigBrotherAward Deutschland katalysierend wirken: Er spricht Missstände aus, die sowohl die Industrie, als auch die VerbraucherInnen zum Nachfragen, -denken und -bessern anregen können."

Für den Netzkünstler padeluun, einer der Mitinitiatoren, richtet sich die erhoffte Aufklärung jedoch nicht nur an die breite Masse. Er könne, meint er, "sich des Gefühls nicht erwehren, dass gerade die, die mir früher beigebracht haben, was mit Datenverarbeitung alles möglich und weswegen Datenschutz so ungeheuer wichtig ist, diejenigen sind, die die Software für die 'virtual communities' schreiben, die den Bürgern jegliches Datum aus den Fingern saugen."

telepolis, 20. September 2000