"Big Brother Award" für große Firmen und Regierungen

Bielefeld. Den Negativ-Preis "Big Brother Award" für bedenkliche Eingriffe in die Privatsphäre der Bundesbürger haben namhafte deutsche Unternehmen sowie öffentliche Institutionen erhalten.

In der Jury sind verschiedene Gruppen vertreten, darunter die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), der Chaos Computer Club (CCC) und die Internationale Liga für Menschenrechte. Ausrichter ist der Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs in Bielefeld.

Der Award für dieses Jahr geht unter anderem an die Deutsche Post und den Internetanbieter T-Online. Auch die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) und die Landesregierungen von Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen wurden gestern in Bielefeld für ihren Umgang mit vertraulichen Angaben kritisiert. So hat etwa die Deutsche Post AG nach Angaben der Jury ihre Aushilfskräfte in Postagenturen vertraglich verpflichtet, bei mehr als zwei Wochen Krankheit einen vorbestimmten Arzt aufzusuchen und von der Schweigepflicht zu entbinden. T-Online wurde für das Speichern von persönlichen Identifikationsnummern (IP-Adressen) ihrer Kunden mit dem so genannten Flatrate-Tarif gerügt. Die anonyme Nutzung des Internets werde damit völlig untergraben. Polizei und Geheimdienste hätten Zugriff zu diesen persönlichen Angaben. T-Online sei nicht der einzige Internet-Anbieter, der so vorgehe, sollte aber nach Ansicht der Juroren mit gutem Beispiel vorangehen. Die Landesregierungen von Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen erhielten den Negativ-Preis, weil sie "im Windschatten der Terrorismusbekämpfung" die Landespolizeigesetze drastisch verschärfen würden und damit in elementare Grundrechte eingriffen.

Westfälische Rundschau, 24. Oktober 2003
Original: http://www.westfaelische-rundschau.de/wr/wr.westfalen.volltext.php?id=880280&zulieferer=wr&kategorie=REG&rubrik=Region®ion=National