27.10.2003 - Der Provider T-Online wurde für seine "Verdienste" um Datenspeicherung und Weitergabe von Informationen mit dem BigBrother Award 2003 ausgezeichnet.
Datenschutz und das Recht ist eine wichtige Angelegenheit. Hilft sie doch dem Individuum, seine persönlichen Dinge vor den Blicken Neugieriger zu schützen bzw. auch sein Eigentum zu schützen. Aus keinem anderen Grund führt die Film- und Musikindustrie seit geraumer Zeit einen vernichtenden Feldzug gegen FileSharing Nutzer, die urheberrechtlich geschütztes Eigentum im Netz verteilen.
Was für den Einen gut und unbedingt zu beachten ist, muss für den Anderen noch lange nicht gelten, wie aktuelle Beispiele im Netz deutlich zeigen.
Da greift der Internet-Provider AOL nach einem Update der Software plötzlich unbemerkt und ungebeten auf den lokalen Rechner des Benutzers zu und deaktiviert heimlich den Windows Nachrichtendienst. Der zeigt sich zwar in erster Linie verantwortlich für die Verbreitung von Spam und Dialern über Popup Fenster, ist aber auch für sinnvolle Funktionen zuständig. So benötigt zum Beispiel die Event-Überwachung S.E.L.M des Herstellers GFI auf den Nachrichtendienst zu und benötigt ihn für die Systemüberwachung und Meldung von sicherheitsrelevanten Ereignissen. Derjenige, der einen solchen Dienst benutzt, wird sehr wahrscheinlich hoch erfreut über die unbemerkte Deaktivierung des Dienstes sein.
Der "BigBrother" Awards 2003 in der Kategorie "Kommnunikation" wurde dem Internet-Provider T-Online verliehen für seine Praxis, auch IP-Adressen und Verbindungsdaten von den Kunden zu speichern und auf Anfrage auch auszuhändigen, die ein Flat-Rate Angebot nutzen und für dessen Abrechnung keinerlei Verbindungsdaten in Form von IP-Adressen benötigt werden.
Der Laudator Lutz Donneracke führt an:
Die IP-Adressenspeicherung ist ganz offensichtlich ein massiver Eingriff in die Privatsphäre und dient lediglich dem Zweck, die von Gesetz wegen anonyme Internet-Nutzung nachhaltig zu untergraben, da die Daten nicht nur T-Online zur Verfügung stehen sondern auch Polizei, Ermittlungsbehörden und anderen Bedarfsträgern wie zum Beispiel den Geheimdiensten. Insbesondere diese führen sich zunehmend rüpelhaft auf und bedrohen die Angestellten von Telekommunikationsunternehmen auch schon mal mit dem Vorwurf der Strafvereeitelung, wenn Daten nicht geliefert werden. Dem gegenüber liefert T-Online nicht nur bereitwillig die Daten ihrer Kundinnen und Kunden, sondern sammelt diese extra für diesen Zweck. Die Datenschutzaufsichtsbehörde, das Regierungspräsidium Darmstadt, bestätigt auf Anfrage, dass die Datensparsamkeit für das Unternehmen nicht gelte.
Der Laudator Donneracke führt weiterhin aus, dass mit der langfristigen IP-Speicherung aus dem Internet, das ein Instrument der Meinungsfreiheit und der freien Informationsbeschaffung sein sollte, ein Kontroll- und Überwachungsinstrument wird. Die Jury der BigBrotherAwards fordert T-Online auf, die Nutzungsdaten umgehend nach Ende der Verbindungen zu löschen. Da T-Online trotz bundesweiter nachhaltiger Kritik dieser Forderung ihrer Kunden nicht nachkommt, hat sie den BigBrotherAward redlich verdient.
Den BigBrotherAward 2003 in der Kategorie "Arbeitswelt" erhält die Deutsche Post AG stellvertretend für ihre Tochterfirma "Deutsche Post-Shop GmbH". Grund sind die neuen Arbeitsverträge, die die Deutsche Post-Shop GmbH bestimmten Postagenturnehmer/innen aufzwingen will. In diesen Arbeitsverträgen sollen die Arbeitnehmer/innen pauschal einwilligen, einen von der Deutschen Post-Shop GmbH bestimmten Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden, wenn sie länger als zwei Wochen krank sind.
Hintergrund: Seit Jahren zieht sich die Deutsche Post aus der Fläche und den Stadtteilen zurück und schließt die klassischen Postämter. Die Versorgung haben bereits vielerorts Postagenturen übernommen - also Lebensmittelläden, Tankstellen, Einzelhändler aller Art, die zusätzlich zu ihrem regulären Angebot auch Postdienstleistungen anbieten. Nun will die Post auf das Vertriebsnetz der Quelle AG zurückgreifen und bietet Quelle-Shop-Betreibern an, zukünftig auch Post-Dienstleistungen in ihre Angebotspalette mit aufzunehmen - in Form von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen - also mit sogenannten 400 Euro-Jobs.
In § 5 Abs. 4 dieser den Quelle-Shop-Betreibern vorgelegten Verträge heißt es: "Im Falle einer Erkrankung von mehr als 2 Wochen wird der Arbeitnehmer sich von einem durch die Arbeitgeberin [die Deutsche Post Shop GmbH] zu bestimmenden Arzt untersuchen lassen ? Der Arbeitnehmer entbindet den Arzt hiermit von seiner Schweigepflicht, soweit es für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit notwendig ist."
Die kompletten Berichte sind zu finden unter:
BigBrother Awards 2003
(Uwe Berger)
xDial, 27. Oktober 2003
Original: http://www.xdial.de/news/meldung.asp?Id=7010