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Von Detlef Borchers

Nach einer Umfrage des Deutschen Studienpreises (ZEIT Nr. 44/00) kann sich jeder fünfte Deutsche vorstellen, einen Chip in sein Hirn einpflanzen zu lassen. Aber muss es gleich ein Implantat sein? Am Montag stellte die Firma Applied Digital Solutions ihre Digital Angels vor: von der Körperwärme gespeiste Chips, die auf der Haut getragen werden und mit einer Reihe von Biosensoren verbunden sind. Diese messen "alle lebenswichtigen Körper-Parameter" und schicken sie via Mobilfunk zu einem Computer, der wiederum den Träger warnen oder gleich den Notarzt rufen kann. Applied Digital Solutions ist davon überzeugt, dass spätestens in einem Jahrzehnt jeder westlich Zivilisierte von einem solchen High-Tech-Schutzengel begleitet wird. Wer sich überwacht fühle, könne ja den Chip ausschalten, sagt die Firma, die mit der elektronischen Fußfessel für Strafgefangene bekannt wurde.

Die schlimmsten Fälle staatlicher wie privater Überwachung und Datenenteignung wurden vergangene Woche mit dem Big Brother Award prämiert, der zum ersten Mal gleichzeitig in Deutschland, Österreich und der Schweiz verliehen wurde. Den deutschen Hauptpreis gewann die Payback-Karte, eine Art digitales Rabattmarkenheft, das von der Loyalty Partner Gesellschaft für Kundenbindungssysteme entwickelt wurde. Die zu 68 Prozent der Lufthansa gehörende Firma sammele mit der Karte eine Unmasse an Informationen über die Konsumgewohnheiten der Kunden, befand die Jury. Der Rabatt auf bestimmte Waren sei nur ein Lockmittel. Weitere prominente Preisträger: die Deutsche Bahn (Videoüberwachung der Bahnhöfe), der Berliner Innensenator Eckart Werthebach (Telefonüberwachung der Hauptstadt) sowie das Ausländerzentralregister (Datenbank über 12 Millionen Menschen).

Besorgt um die Reinheit der französischen Sprache haben die Académie française und das kanadische Office de la Langue Française eine Liste korrekter Internet-Begriffe veröffentlicht, die für französische Websites verpflichtend sein sollen. Spam, international als die Belästigung mit unerbetener Werbung bekannt, soll polluriel heißen, der hitzige Gedankenaustausch (englisch flame war) kommt als fusillade daher und ein Diskussionsforum (chat room) als bavardoir. Große französische Netzanbieter wie Wanadoo halten sich nicht immer konsequent an die Vorgaben. So heißt der Vorsteher eines bavardoir auch dort chatmaster.

Die Zeit, 2. November 2000