Von Martin Virtel und Christiane Ronke, Hamburg
Datenschützer bemängeln die RFID-Technik in Kundenkarten des Handelskonzerns. Metro hat sich bei der Erprobung neuer Technologien leichtsinnig dem Verdacht ausgesetzt, Kunden ausspionieren zu wollen.
Verbraucherschützer entdeckten nach Besichtigung des Future Store, einem mit dem neuesten Entwicklungen ausgestatteten Extra-Markt in der Nähe von Düsseldorf, dass die dort ausgegebenen Kundenkarten ohne einen entsprechenden Hinweis mit so genannten RFID-Chips ausgestattet sind, die sich auf Entfernungen bis 1,5 Meter lesen lassen. So kann zum Beispiel jedes Betreten und Verlassen des Supermarktes oder das Verweilen vor bestimmten Regalen protokolliert werden. Handelsketten wie Metro oder Wal-Mart, aber auch die US-Armee wollen derartige Funktechnik in den kommenden Jahren einsetzen, um ihre Logistik zu optimieren. Peter Abel von der Marktforschungsfirma AMR Research schätzt, dass Wal-Mart mit Hilfe der Technologie bis zu sieben Prozent seiner Logistikkosten sparen könnte.
"Anfangs waren wir erfreut, dass sich Metro so offen gegeben hat. Als wir dann später den Funkchip auf der Kundenkarte gefunden haben, waren wir schockiert", sagte Rena Tangens von der Datenschutzinitiative Foebud, die den Future Store Ende Januar besichtigt hatte.
Dass nicht nur einige Produkte, sondern auch die Kundenkarten mit den Funk-Chips ausgerüstet wurden, begründete ein Metro-Sprecher damit, dass auf diese Weise Kunden im Laden DVD-Filmausschnitte frei schalten können. Noch ließen sich zwar die Seriennummern der Karten nicht deaktivieren, dies solle aber ab dem Sommer möglich sein. Die Nummern würden jedoch nicht mit den Daten der gekauften Produkte verknüpft. Er betonte, dass in den vergangenen Wochen Hinweise an den DVD-Regalen angebracht wurden. In den Teilnahmebedingungen der Kundenkarten fehlten diese jedoch, kritisiert Foebud.
"Dass Metro die Daten aus den Kundenkarten-Funkchips nicht weiterverarbeitet, mag sein. Die Erhebung und Speicherung von Daten ist aber bereits rechtswidrig, wenn der Kunde vorher nicht darüber informiert wurde", sagt Thilo Weichert vom Landeszentrum für Datenschutz in Kiel. "Im Eingangsbereich des Supermarktes befinden sich Schranken, mit denen man sowohl die Produkt-Chips als auch die Kundenkarten-Chips auslesen kann."
Dies ist bereits das zweite Mal, dass die RFID-Technik durch die wenig durchdachte Erprobung in Misskredit gerät. Im Sommer hatte bereits die britische Supermarktkette Tesco für schlechte Presse gesorgt: Dort war von jedem Käufer einer mit RFID-Etiketten ausgestatteten Packung Rasierklingen unbemerkt ein digitales Foto angefertigt worden, um später an der Kasse die Identifizierung von Dieben zu ermöglichen.
Experten des Marktforschungsinstituts Gartner raten Firmen schon seit längerem, das öffentliche Misstrauen gegenüber RFID-Technologien auszuräumen. Doch viele Unternehmen lassen diese Chance bislang ungenutzt verstreichen.
Financial Times Deutschland, 9. Februar 2004
Original: http://www.ftd.de/ub/di/1076145421103.html