Datenschützer kritisieren RFID

LZ|NET. Wegen ihres Engagements für RFID-Funktechnik und Future Store hat die Metro AG den Negativpreis "Big Brother Award Deutschland" erhalten. Die Anti-Datenschutz-Auszeichnung wurde vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (Foebud) und sechs weiteren Organisationen verliehen und ging auch an fünf Landesinnenminister und die Deutsche Post. Die Verleihung des Big Brother Award in der Kategorie Verbraucherschutz an Metro richtet sich offenbar sowohl gegen den unreglementierten Einsatz von RFID-Funkchips an Verbraucherpackungen und Textilien als auch gegen durch andere Techniken gewonnene Kundenprofile. Die Auswahl der Metro Gruppe sei "exemplarisch und zukunftsweisend", erklärten die Laudatoren Rena Tangens (Foebud) und Frank Rosengart (Chaos Computer Club) bei der Verleihung in der Foebud-Heimatstadt Bielefeld. Radiofrequenz-Tags an Waren würden "große Gefahren für die Privatsphäre der Verbraucher" bergen.

Angst vor Kundenprofilen

In der in Form einer Parodie auf eine überwachte Zukunft vorgetragenen Laudatio ging es freilich weniger um die Funktechnik RFID, als um den Missbrauch von Kundendaten. Die Science-Fiktion-Satire nannte etwa Bußgelder beim Wegwerfen von getaggten Verpackungen im Stadtpark, aus Einkaufsgewohnheiten abgeleitete Krankenkassengebühren und "Preis-Diskriminierung" mit Preisen je nach persönlichen Eigenschaften des Kunden.

Zwei Forderungen

Im ernsten Teil der Laudatio forderten Tangens und Rosengart, dass "RFIDs, die für die Waren-Logistik unwidersprochen praktisch sind, spätestens an der Ladenkasse zerstört werden". Zweitens verlangten sie ein Verbraucherrecht "zu wissen, wann RFID-Tags eingesetzt werden und welche Daten darin gespeichert sind und wann, wo, von wem und zu welchem Zweck die uns umgebenden RFIDs ausgelesen werden".

Post mit Quelle-Verträgen am Pranger

In der Kategorie Arbeitswelt ging eine Negativ-Auszeichnung an die Deutsche Post-Shop GmbH. Grund sind 400-Euro-Arbeitsverträge für Betreiber von Quelle-Shops, die sie parallel nebenberuflich zu Postagenturen machen. Die Verträge sehen laut Foebud eine vorbeugende Entbindung des Arztes von der Schweigepflicht vor, wenn der Post-Mitarbeiter länger als zwei Wochen krank ist. Weitere Big Brother Awards gingen unter anderem wegen Handy-Überwachungs-Systemen an den Berliner Innensenator und wegen der Verschärfung der Telekommunikationsüberwachung in den Landespolizeigesetzen an die Innenminister von Bayern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Thüringen.

Die Jury des Big Brother Awards bestand aus Rena Tangens und dem Künstler Padeluun (beide Foebud), Dr. Thilo Weichert, Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD), Frank Rosengart, Chaos Computer Club (CCC), Lutz Donnerhacke, Förderverein Informatik und Gesellschaft (Fitug), Werner Hülsmann, Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), Dr. Fredrik Roggan, Humanistische Union und Dr. Rolf Gössner, Internationale Liga für Menschenrechte.

Quelle: www.lz-net.de 27.10.2003 (Jörg Rode)

IM+C & Lebensmittel-Zeitung, 27. Oktober 2004
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