VON SIGRUN MÜLLER-GERBES
Bielefeld. Datenschutz, sagt Rena Tangens, Datenschutz soll auch Spaß machen. Der erhobene Zeigefinger aber oder die ewig gerunzelte Sorgenstirn: geringer Spaßfaktor. Da will der Bielefelder Datenschutzverein Foebud, unter anderem bekannt durch die Verleihung des Big Brother Award, mehr Fantasie walten lassen und bekommt dafür heute in Berlin einen Preis verliehen.
Ein abstraktes Thema wie Datenschutz, das lässt sich am besten vermitteln, wenn die Leute etwas in die Hand bekommen, etwas zum Zeigen, zum Weitergeben. Und so haben sich Tangens und ihre Mitstreiter eine Kampagne ausgedacht, mit der sie einen mit 15.000 Euro dotierten Ideenwettbewerb der Stiftung bridge Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft gewonnen haben. 15.000 Euro, mit denen der Foebud das Projekt Privacy Gadgets gegen Datenkraken finanzieren will, frei übersetzt: ein kleines Spielzeug für Datenschützer.
Das Spielzeug soll, wenn es denn erst einmal entwickelt ist, so etwas wie ein Detektor zur Warnung vor unliebsamen Überwachungsgeräten sein. Diese nämlich, so befürchten die Datenschützer, könnten sich rasend schnell verbreiten, wenn sich das technische Konzept RFID erst durchgesetzt hat.
RFID, das sind kleine Chips mit Antenne, die im Prinzip alle denkbaren Daten über ein Produkt gespeichert haben und diese Daten weiter geben, sobald sie in die Nähe eines passenden Lesegeräts kommen. Derzeit werden RFIDs vor allem für Lagerlogistik und Verwaltung eingesetzt: Ein Lesegerät im Supermarkt erkennt, wenn die Nudeln alle sind und bestellt neue. Oder warnt, wenn das beim Joghurt das Mindesthaltbarkeitsdatum abzulaufen droht.
Beim Future Store, einem Versuchs-Supermarkt der Metro-Gruppe in Duisburg, erkennt das Lesegerät an der Kasse alle Waren im Einkaufswagen, ohne dass man sie extra aufs Band hieven muss, und bemerkt nebenbei auch Diebstähle.
So praktisch die neue Technik ist, so bedrohlich kann sie für die Privatsphäre der Verbraucher werden. Prinzipiell, so meint der Foebud, sei es kein Problem, mit Hilfe von flächendeckend verbreiteten Chips und Lesegeräten genaue Konsumentenprofile zu erstellen; oder gar zu verfolgen, wo sich Menschen bewegen etwa, wenn die Chips auch in Kleidungsstücke eingewebt werden, wie das nach Recherchen des Vereins beispielsweise Gerry Weber bereits für die Lagerlogistik praktiziert.
Wir bestreiten ja gar nicht, dass das Verfahren für den Handel ungeheuer nützlich ist, sagt Tangens, aber wir wollen auch frühzeitig auf Gefahren aufmerksam machen. Unter anderem deshalb bekam die Metro-Gruppe für ihren Future Store vorige Woche den Big Brother Award 2003. Das neue Projekt hat das gleiche Ziel: Das kleine Spielzeug, das Informatiker beim Foebud entwickeln wollen, soll die neue Technik nicht stören oder sabotieren, es soll aufmerksam machen: Achtung, hier steht ein Lesegerät Eingriff in die Privatsphäre möglich.
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