Der Bielefeldversuch

Bilder Computerclubs gibt es, seit das Hobby Computer existiert. Irgendwer kam dann dereinst auf die Idee, auch mal einen Club für den Menschen vor dem Computer zu machen - der "FoeBuD" war geboren.

Der Verein zur "Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs" mit Sitz in Bielefeld versteht sich als "Computerclub der anderen Art", weniger die Hinführung zur richtigen "Computerarbeit als Selbstzweck" mit Tips und Hilfen - statt dessen will der Club die Kommunikation der Computeranwender und -anwenderinnen untereinander fördern.
Daß sich der Club ursprünglich um die beiden Bielefelder Künstler padeluun (der übrigens wirklich so heißt) und Rena Tangens gruppierte, mag als Indiz fürs "Anderssein" gelten. Die beiden gehören auch heute noch zu den Organisatoren des Clubs. Wie die FoeBuD-Macher ganz richtig erkannt haben, dient der Computer immer noch mehr zum Spielen als zur Lösung wirklicher alltäglicher Probleme. Die meisten Probleme schafft sich der Computeranwender nämlich dadurch, daß er den Computer anwendet.
Hervorgegangen ist der Verein aus einer Veranstaltung, der "PUBLIC DOMAIN", die im Bielefelder "Bunker Ulmenwall", einer Einrichtung des Jugendamts, stattfand. Unabhängig vom inzwischen bekannten Begriff PD-Software wollen die Veranstalter dies verstanden wissen als "Bereich, der offen für alle Menschen und Ideen ist".
Zuerst mehr eine Art "Kopierfete mit Erfahrungsaustausch", wurden die inzwischen regelmäßig stattfindenden Treffen durch Workshops, Aktionen und Vorträge inhaltlich aufpoliert.
Gerade die breitgefächerten Themen der Veranstaltungen (zum Beispiel: "DES-Verschlüsselung", "Recherche in Datenbanken zu ökologischen Themen", "Copyright & Copywrong - Public Domain juristisch gesehen") führte zu überregionalem Interesse von Leuten auch jenseits des klassischen Computerhobbys: Umweltgruppen, Musiker oder auch Juristen (Günther, "Günni", Freiherr von Gravenreuth, in der Szene bekannter Anwalt, gehört schon fast zu den Stammgästen) finden auf der "PUBLIC DOMAIN" Rat und Information. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: Die PD ist auch für den "normalsterblichen" Anwender interessant - neben den erwähnten Ereignissen ist es immer auch ein "Szenetreff". Da erblickt man auch in der Amiga-Szene bekannte Gesichter, so den wegen seiner gehirnzermarternden Spitzenspiele international berühmt-berüchtigten Peter Händel.
Wie er uns anvertraute, arbeitet er bereits an einem neuen Anschlag auf die grauen Zellen, der vom Schwierigkeitsgrad her alles Bekannte in den Schatten stellen soll - seien wir also gespannt! Daß die Vereinsarbeit ernst genommen wird, beweist die Tatsache, daß der FoeBuD bisher zweimal auf der CeBit mit eigenem Stand vertreten war und dort - im positiven Sinn - für entsprechenden Wirbel sorgte.
Zur Kommunikation der Mitglieder abseits der veranstalteten Treffen wurde eine Mitgliederzeitung namens "ON/" herausgegeben, die nach zwei Ausgaben den Weg vieler Publikationen ging: Sie wurde eingestellt. Allerdings fand "ON/" einen würdigen Nachfolger: Im Zuge des aufstrebenden DFÜ-Hobbys wurde die "//BIONIC"-MailBox installiert und eine eigene "MailBox AG, Arbeitsgemeinschaft für eine eigene MailBox in Bielefeld" als Unterabteilung des FoeBuD ins Leben gerufen. Die MailBox, inzwischen aus bescheidenen Anfängen mit einem Leihrechner zu einem der großen Server im Z-Netz-Verbund mutiert, erfüllt den Zweck der Mitgliederkommunikation hervorragend und hat sich so mit der Zeit zu einem der Hauptaufgabenpunkte des FoeBuD entwickelt.
Folgerichtig sind die Systembetreiber nicht nur regional aktiv, sondern auch Z-Netz-politisch sehr engagiert und versuchen, auch dort ihre Vorstellungen von Kommunikation umzusetzen. Über das Netz sind sie mit ZENTRALE@BIONIC.ZER zu erreichen; im Usenet schreiben Sie an:
ZENTRALE@BIONIC.OWL.NORTH.DE. Nach einem Besuch beim FoeBuD hat mensch wirklich das Gefühl, einen "anderen" Computerclub gesehen zu haben. Wer die Möglichkeit hat, mag einfach mal auf einer der nächsten "PUBLIC DOMAIN" hereinschneien - sie sind einen Besuch wert!

(ow)

Amiga-Dos, August 1991