25000 Punkte für den Datenschutz

Wie ein Verein von kritischen Netzbürgern den Payback-Rabatt für einen guten Zweck nutzt.

"Payback" nennt sich das zeitgemäße Rabattmarkenkleben, das Scannerkassen piepsen läßt. Das von der gleichnamigen Lufthansa-Tochter entwickelte System beruht auf einer Karte, die bei jedem Kauf in den Geschäften von Payback-Partnern wie Kaufhof oder Obi durch den Scanner gezogen wird. Außer der Karte gibt es noch eine Kundennummer, die es erlaubt, beim Online-Shoppen Rabattpunkte zu sammeln. Die Bonuspunkte werden in einem Prämienshop im Internet (www.shop.payback.de) eingelöst, das Minimum beträgt 1500 Punkte. Die am Payback-System beteiligten Unternehmen erhalten im Gegenzug Kundenprofile und Hinweie auf Kauftrends aller Art.

Für diese Form der Datenbeschaffung erhielt Payback im vergangenen Jahr den "Big Brother Award", also die negative Auszeichnung, die ein Komitee von prominenten Datenschützern jährlich vergibt. Auf die damals erhobenen Vorwürfe gegen das System, hier würde der Markt zur unmerklichen Ausforschung der Verbraucher mißbraucht, habe Payback bis heute nicht reagiert, sagt Rena Tangens von "FoeBuD". Der Bielefelder "Förderverein für bewegten und ruhenden Datenverkehr", in dem Künstler, Technikfreaks und politisch Interessierte zusammenkommen, existiert schon seit 1987; er richtet die jährliche Verleihung des Big Brother Awards aus.

Der FoeBuD hat nun eine gelb-blaue Variante der Payback-Karte herausgegeben, die sich "Privacy-Card" nennt. Derzeit sind fast tausend Exemplare dieser Karte, die der Verein bei Payback ganz legal als "Mitbenutzerkarte" hat registrieren lassen, im Einsatz. Punkte, die mit ihr gemacht werden, laufen auf einem FoeBuD-Konto auf; bisher sind es schon fast 25000. Gegen eine Gebühr von fünf Mark kann jedermann die Karte beim FoeBuD anfordern (www.foebud.org).

Wozu soll das gut sien, außer zur Finanzierung des Vereins? Ein in der Szene nur unter "padeluun" bekannter FoeBuD-Mitbegründer weit darauf hin, daß die Rabattkosten des Systems letztlich von allen Kunden getragen werden: Die Unternehmen schlagen sie auf die Preise auf. Auch die "Privacy-Card" könne daran nichts ändern, nütze das System aber wenigstens für einen guten Zweck - und nicht für die fragwürdigen Ziele, für die es installiert wurde.

Vielleicht gibt es auch einen Hintergedanken: Wenn an die tausend Privacy-Nutzer im ganzen Land mit der identischen Nummer einkaufen gehen, wird in diesem Fall das Zustandekommen einer bruachgaren Datensammlung unmöglich gemacht. Das System kann noch so viel rechnen, es kommt nichts Ordentliches heraus: sanfter Protest.

Die Sache ist juristisch wasserdicht; alle Payback-Partner sind verpflichtet die Karte anzunehmen. Im weihnachtlichen Einkaufstest bewährt sich der Einsatz der Privacy-Card denn auch bestens. Mitunter beäugt das Verkaufspersonal das Logo, einen hingekritzelten Computer, doch wenn der richtige Pieps ertönt, hat alles seine Ordnung. In einem Fall, den der Autor selbst erlebt hat, wurde die Karte abgewiesen. Der aufgedruckte Slogan "Unendlich viele gute Punkte für den Datenschutz" sei verdächtig, befand die Verkäuferin. Womöglich könne ein Virus in die Kasse kriechen. Bereitwillig tippte sie jedoch die Kundennummer ein, bis es pispte: "Wenn es denn für einen guten Zweck ist."

Hier zeigt sich der eigentliche Dreh der Privacy-Karte: Sie kann Diskussion über den Datenschutz und die Problematik der Payback-Karte auslösen.

Detlev Borchers

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 09. Dezember 2001