Von Arndt Noack
Kundenkarten sind aus deutschen Geldbörsen nicht mehr wegzudenken. Millionenfach unters Kaufvolk gestreut. Wobei fast alle Karten gleich funktionieren: Für jeden Einkauf bekommt man Punkte gutgeschrieben, in der Regel einen Punkt je Euro Umsatz. Später kann man diese gegen Prämien einlösen. So auch bei der Telekom-Erfindung "Happy-Digits", dem fröhlichen Punktesammeln. Willkommen in der Welt der schönen Prämien.
Daniela Dura, Happy-Digits
"Haben wir hier mal, das kriegt man schon für 1700 Euro, das ist so
ein Untersetzer-Puzzle, das muss man sich so zusammenpuzzeln."
Moment mal! Man muss also tatsächlich 1700 Euro vertelefoniert haben, um dann so ein Blech- Dingens zu bekommen?
Reporter: "Haben Sie sich schon mal ausgerechnet, wie viel Prozent Rabatt unterm Strich der Einsatz der Karte bringt?"
Daniela Dura, Happy-Digits
"Nee, da kann ich Ihnen jetzt gar keine Zahlen genau nennen."
Aber wir haben umgerechnet: Gerade mal ein Prozent Rabatt bringt die
"Happy-Digits"-Karte, bei anderen Anbietern ist es meist ähnlich
.
Das hat auch der Bielefelder Verein "foebud" festgestellt. Seit Jahren
befasst er sich mit Ködern für blauäugige Kunden. Und hat für
"Happy-Digits" nur noch Hohn und Spott übrig.
padeluun, "foebud e.V."
"Ich zeige es ihnen mal am Beispiel. Es gibt also eine Telefonrechnung
von 50 Euro im Monat, das ergibt 25 Digits. Das ist eine realistische
Rechnung eines Haushalts. Das heißt, dann sammeln sie drei Jahre und
vier Monate und haben dann 1000 - unglaublich hohe Zahl - Digits. Und
dafür gibt es: ein JoJo. Wenn sich das nicht lohnt, also ich weiß
nicht, was sich sonst lohnen sollte. Es geht noch besser: wenn sie so
ein Wellnes-Wochenende in Potsdam haben wollen, dann müssen sie 131,3
Jahre sammeln. Dann haben sie das Wellnes- Wochenende aber auch
wirklich notwendig."
Aber keine Bange Telekom, andere sind auch nicht viel besser. Beispiel Bahn: Nachdem Sie 2000 Euro auf Deutschlands Schienen verfahren haben, kommen sie in den Genuss der "Bahn-Comfort-Card". Mit "exklusiven" Leistungen wie einer Servicetelefonnummer, gesicherter Sitzplatzreservierung oder der Benutzung des Erste-Klasse-Warteraumes. Klingt irgendwie alltäglich? Ist es auch.
Volker Knauer, Deutsche Bahn
"Ja, natürlich kann man das auch anderweitig haben, aber hier ist es
eben speziell zugeschnitten."
Noch eine Rechnung gefällig? Gut. Wenn ihr Auto so etwas um die acht Liter braucht und sie immer nur bei "elf" tanken, dann bekommen sie diese schöne Gartenschere. Schon nach lumpigen 50.000 Kilometern. Und mit der Schere könnte man dann ...
Übrigens: selbst wenn sie an diesen eher simplen Prämien Gefallen finden: Geschenkt gibt's nichts.
Bettina Dittrich, Verbraucherzentrale Sachsen
"Da jeder diese Karte haben kann, da man sich nicht die Mühe machen
muss, individuell hier Rabatte auszuhandeln, gehen wir schon davon
aus, dass diese Rabatte irgendwo schon mit einkalkuliert sind."
Man bekommt also einen relativ geringen Gegenwert beim Einkauf mit der Kundenkarte. Dafür legt man sein Privatleben offen. Denn mit den Daten, die in der Anmeldung und beim Bezahlen erhoben werden, lassen sich Kunden - etwa für weitere Werbeaktionen - regelrecht in Schubfächer einordnen.
Rena Tangens, Datenschutzexpertin
"Wenn jemand zum Beispiel Windeln und Wurst im Sonderangebot kauft,
dann handelt es sich wahrscheinlich um eine junge Familie mit wenig
Geld. Wenn jemand Cosmopolitan und Sheba-Katzenfutter und den
teuersten Champagner kauft, hat man halt eine andere Kategorie vor
sich. Und wenn solche Kategorien erst mal rausgefunden sind über
Menschen, dann werden sie in Zukunft danach behandelt."
Wenn ihnen ihre Privatsphäre wichtig ist, dann lassen sie am besten die Finger von den Kärtchen. Und wenn sie auf Rabatt aus sind, dann feilschen sie. Das bringt allemal mehr.
Mitteldeustcher Rundfunk, 28. Januar 2003
Original: http://www.mdr.de/exakt/archiv/530374.html