Eigentlich gibt es gar kein Problem: Jeder zweite Nutzer von Rabattkarten ist laut einer aktuellen Emnid- Befragung bereit, zumindest einen Teil seiner Gutschriften für wohltätige Zwecke zu spenden. Dieses Bedürfnis befriedigte der Bielefelder Datenschutzverein _Foebud_ mit seiner Privacy-Card: Die Aktivisten hatten eine Rabattkarte des Payback-Systems kopiert, so dass etwa 1500 Interessenten unter einer Kundennummer Punkte zugunsten des gemeinnützigen Vereins sammeln konnten. Ein Problem darin sah aber der Payback-Betreiber Loyalty Partner. Er kündigte die Karte im Dezember; ob das rechtens war, entscheidet am heutigen Dienstag das Münchner Amtsgericht.
Die Erfolgsaussichten ihrer Klage auf Rücknahme der Kündigung und Gutschrift der Punkte schätzen der Foebud-Vorsitzende mit dem Künstlernamen padeluun und sein Anwalt nicht allzu hoch ein, wollen aber nach einer Niederlage in Revision gehen. Das wohl wichtigste Ziel hat Foebud aber schon erreicht: Aufmerksamkeit. Denn der Verein wirft Loyalty Partner vor, mit der Payback-Karte _personalisierte Daten zum Kaufverhalten_ der derzeit 17,5 Millionen Karteninhaber zu gewinnen, ohne ausreichend darüber zu informieren. Im konkreten Fall geht es eigentlich um die Frage, warum es dem Payback- Betreiber nicht egal ist, ob 1500 Menschen mit einer gemeinsamen oder vielen individuellen Karten einkaufen _ der Umsatz bleibt doch gleich.
Aber bei Payback geht es nicht allein um Umsätze, sondern vor allem um die Kunden dahinter. Aus ihren Daten schlägt der Anbieter Profit. _Wer anonym einkauft, hinterlässt in einem Geschäft nichts als sein Geld. Daher wollen Unternehmen so viel persönliche Daten wie möglich ergattern. Der Köder dafür ist der Rabatt_, sagt Thilo Weichert, stellvertretender Datenschutzbeauftragter in Schleswig-Holstein. _Payback ist in jedem Fall geeignet, ein präzises, produktbezogenes Kauf- oder Konsumprofil zu erstellen. Außerdem bietet Loyalty Gesamt- Auswertungen und Zuordnungen zu bestimmten Käufergruppen.
Solange der Kunde der Auswertung seiner Daten zu Werbe- und Marketingzwecken zugestimmt hat, ist das legal. Nur wird es ihm nicht gerade leicht gemacht, diese Zustimmung zu verweigern. Lange Zeit galt bei Payback, dass mit der Anmeldung automatisch der Datenverwertung und sogar Werbeanrufen zugestimmt wird; nur Werbung per SMS muss ein Payback-Kunde heute noch ausdrücklich erlauben. Besserung verspricht Unternehmenssprecherin Andrea Schoeffner für den Herbst: Dann soll auf eine aktive Zustimmung zu allen Nutzungsarten umgestellt werden. Payback wäre dann seinem neuen Konkurrenten HappyDigits von Telekom und Karstadt weit voraus: Wer hier die Nutzung seiner Daten ablehnen will, muss erst zustimmen, um dann zu widerrufen.
Was geschieht nun, wenn der Kunde _ wie die meisten _ seine Einwilligung nicht widerruft? Payback wird seine Daten wohl kaum an Unternehmen außerhalb des Programms verkaufen. Auch haben innerhalb des Payback-Systems nicht alle Unternehmen den Zugriff auf die bei anderen Geschäften angefallenen Kundendaten. Der Supermarkt weiß also nicht, was und wie viel seine Kunden beim Dessous-Händler kaufen. Allerdings weiß Payback das, zumindest auf der Ebene von Warengruppen.
Und das dürfte ausreichen, um Kunden in Segmente einzuordnen. Loyalty Partner spricht selbst davon, _gute Kunden_ zu binden, man denkt über ein Statusprogramm im Stil der goldenen Kreditkarten nach. Dabei dürfte den Payback- Betreibern helfen, dass sie seit kurzem auch Auslandsumsätze über eine Kreditkarte registrieren. _Hier werden Verbraucher in Schubladen eines automatisierten Vorurteilsverfahrens gesteckt_, sagt Rena Tangens von Foebud.
Ein anderes Beispiel für die Nutzung der Payback-Daten ist die bereits mit Erfolg erprobte Reaktivierung von Kunden. Wer seine Zahnpasta plötzlich nicht mehr beim angeschlossenen Drogerie- Markt kauft, bekommt vielleicht einen netten Brief samt Rabattangebot. Payback nennt Erfolgsraten von bis zu 60 Prozent bei solchen Couponaktionen _ weit weniger Streuverlust als bei herkömmlicher Werbung. Rena Tangens freut das weniger: _Die Information, ob ich für solche Aktionen anfällig bin, sagt etwas über meinen Charakter aus._ Was es ihm ausmacht, dass solche Einschätzungen über ihn gespeichert und weitergegeben werden, muss jeder Rabattjäger selbst entscheiden. Konrad Lischka
Süddeutsche Zeitung 2002
Original: http://www.sueddeutsche.de/aktuell/sz/artikel1384.php