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Polizei hört mit, aber versteht nichts

Bei verschlüsselten Datenbotschaften von terroristischen Gruppen müssen Strafverfolger oft passen

Klaus-Jürgen Schröder, Frankfurt

Wer telefoniert, will keine unerwünschten Zuhörer. Nur der Staat darf abhören. Wer ganz auf Nummer Sicher gehen will, unterhält sich mit seinem Gesprächspartner per Computer -und einem Datenverschlüsselungsprogramm. Denn davor kapitulieren nicht selten auch die Ermittlungsbehörden. Und hier beginnt das Problem: auch terroristische Gruppen - Nazis wie Linksextreme - benutzen Datenverschlüsselungsprogramme. Anleitungen zum Bombenbau und Mordaufrufe wandern so durch das weltweite Computernetz "internet". Aktueller Fall: die Ermittlungen gegen die linke Zeitschrift "radikal".

Es war eine großangelegte Aktion im Juni: in acht Bundesländern wurden 50 Wohnungen, Häuser, Büros durchsucht. Anlaß: Ermittlungen gegen die "Antiimperialistischen Zellen", "Rote Armee Fraktion" sowie gegen die Mitglieder einer kriminellen Vereinigung zur Herausgabe und Verbreitung von "radikal", einer Zeitschrift, die nach Angabe der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe "für terroristische Vereinigungen wirbt" und "ihre gewaltsamen Bestrebungen propagandistisch unterstützt".

Besonders scharf waren die Fahnder auf die Computer. Denn den Inhalt auf den Festplatten konnten sie häufig nicht lesen - die Daten waren verschlüsselt. Die Computer wurden beschlagnahmt; die Beamten versuchen die Daten zu entschlüsseln. Das wird dauern. Denn die Informationen wurden nicht mit irgendeinem Wald-und-Wiesen-Programm verschlüsselt. Sondern nach vorliegenden Informationen mit ,,PGP" (Pretty Good Privacy - ziemlich gute Privatsphäre).

Es wurde in den USA für die zivile Nutzung entwickelt und war den amerikanischen Behörden derart professionell, daß sie den Verkauf des Programms in andere Länder mit Blick auf die möglichen Anwendungen im Spionage- und Agentenbereich als Waffenexport untersagten.

Doch das hochbrisante Programm gelangte (wohl über Internet) nach Deutschland und wird hier völlig legal vertrieben von einem Computer-Freak in Bielefeld, wie Steffen Wernry vom Hamburger "Chaos Computer Club" auf Anfrage mitteilt. Dieser Verkäufer akzeptiert als Anrede nur seine Internet-Kennung "padeluun" ("Das ist mein Name!") und verweist stolz darauf, daß "PGP" so ziemlich das Beste sei, was auf dem Markt zu kriegen sei.

Damit könnte "padeluun" recht haben. Denn zum einen basiert "PGP" nicht auf einem, sondern auf zwei Kennworten. Und zum ändern verschlüsselt ,,PGP" derart, daß nicht mal derjenige den Text entschlüsseln kann, der ihn vorher verschlüsselt hat. Sondern nur der Empfänger. "Grundsätzlich kann jeder Text entschlüsselt werden", meint "padeluun". "Alles eine Frage der Zeit und der Zahl der zusammengeschalteten Rechner." Drei Stunden, drei Tage, drei Monate ... Viel Arbeit für die Ermittler, die mit solchen Programmen Probleme haben, wie Rolf Hannich, Sprecher der Generalbundesanwaltschaft, einräumt. Das ist auch der Grund, warum Belohnungen von bis zu 100 000 Mark für sachdienliche Hinweise zur Ergreifung von Mitgliedern der Antiimperialistischen Zelle ausgesetzt sind.

"padeluun" weist aber auch auf einen anderen Aspekt hin: das internet biete etliche Möglichkeiten, sich unbefugt Daten zu verschaffen. Ein Problem, das übrigens auch Datenschützer sehen und zum Beispiel den gläsernen Kunden befürchten.

Programme zur Datenverschlüsselung bieten hier Abhilfe, weil sie Privatsphäre garantieren. Sollen diese ansonsten nützlichen Programme nun verboten werden, weil auch politische Extremisten und Terroristen sie benutzen?/p>

Eine Frage, die sich für den Bielefelder PC-Experten gar nicht stellt: "Das kann man gar nicht verbieten. Wie will man denn den Nachweis führen, wenn zum Beispiel Text in Bildern verschlüsselt wurde?" Soweit sind die Bonner Politiker noch nicht. "Die Bundesregierung", so ein Pressesprecher des Bonner Innenministeriums, "hat über diese Frage (eines Verbots) noch nicht entschieden."



© WWW-Administration, 21 Jan 03