Von Antje Schipporeit (Text und Foto)
Hiddenhausen. "Wenn man nicht miteinander kommuniziert, kann man auch nicht vergeben", sagt Eric Bachman. Deshalb hat der 47jährige in den letzten 5 Jahren ein Computernetz im ehemaligen Jugoslawien aufgebaut: Friedensgruppen in Belgrad und Zagreb, Tuzla und Sarajevo haben so Kontakt zueinander aufgenommen. Für diese Arbeit ist der Lippinghausener jetzt von der amerikanischen Organisation "Brethren Peace Fellowship" mit der Auszeichnung "Peacemaker of the Year" (Friedensmacher des Jahres) geehrt worden.
Geboren in Lebanon im US-Bundesstaat Pennsylvania, kam Bachman 1969 eigentlich als Kriegsdienstverweigerer nach Deutschland: Aus Glaubensgründen hatte er
während des Vietnamkriegs den Dienst mit der Waffe abgelehnt. Ersatzweise arbeitete er in Bückeburg im internationalen Freundschaftszentrum. Am Ende seiner
"Militärzeit" kehrte er nicht wieder in die USA zurück: "Damals kam in Deutschland die Friedensbewgung auf, und ich hängengeblieben."
1977 verschlug es den bärtigen US-Amerikaner dann wegen einer sozialen Initiative nach Herford. Das Ökoprojekt ist längst gescheitert, doch Bachman wohnt immer
noch hier. Seitdem hält er Seminare zur Friedensarbeit ab: "Training für gewaltlose Konfliktlösung ist ein besonderer Schwerpunkt."
Gewaltlose Lösungsansätze brachten ihn im September 1991 auch zum ersten Mal nach Jugoslawien. Kurz nach den ersten bewaffneten Auseinandersetzungen in
Slowenien interessierten sich regionale Friedensgruppen besonders für seine Arbeit und luden ihn zu einem dreiwöchigen Seminar ein. Der Krieg zerstörte die
technischen Möglichkeiten der Verständigung zwischen den einzelnen Organisationen', das Bedürfnis der Menschen nach Informationsaustausch war ungebrochen.
In dieser Situation bot Eric Bachman seine Hilfe an: "Die Leute wollten sich austauschen, Informationen weitergeben und Neuigkeiten erfahren. So haben wir anfangs
tütenweise Briefe von Belgrad nach Sarajevo und zurück gebracht."
Nächster Schritt war ein "Fax-Weiterleitungsdienst": Weil die Telefonleitungen zwischen den beiden Städten nicht mehr existierten, faxten die Menschen eine Londoner
Friedensgruppe an, die die Nachrichten weitersandte.
Von hier war es nur noch ein kleiner Schritt bis zuder Idee, ein Computernetz aufzubauen: Ein Rechner, mit einem Modem ausgerüstet, kann über eine Telefonleitung mit
anderen Computern oder Mailboxen (eine Art elektronischer Briefkasten) kommunizieren.
Eines der Probleme war die kostspielige Hardware. "Unsere ersten elektronischen Kontakte zwischen Belgrad und Zagreb habe 1992 mit geliehenen Computern über
Telefonleitungen via Wien stattgefunden. Die durften wir nurnachts nutzen. Tagsüber waren es normale Büroanschlüsse." Auf die 1400 Mark teure Installation einer
eigenen Leitung wartete die Gruppe in Zagreb zwei Jahre lang: Wegen des Kriegs herrschte Kupfermangel.
Inzwischen gibt es sieben sogenannte "Knotenpunkte" in Ex-Jugoslawien. Das sind kleine Computerstationen, die über eine Mailbox in Bielefeld vernetzt sind. "Der
Rechner ist somit ein Werkzeug, um über alte und neue Grenzen hinweg miteinander zu sprechen", sagt Eric Bachman.
Seit dem Friedensabkommen von Dayton gibt es kaum noch Unterstützung für diese Arbeit, die sich überwiegend aus Spenden finanziert. "Und gerade jetzt ist
Kommunikation wichtig, damit der Haß überwunden wird. Frieden ist eben nicht nur die Abwesenheit von Konflikten."
Kontakt-Telefon 0521-175254, Modem: 0521-68000.
Neue Westfälische, 22. Mai 1996