MailBox? MailBox!

Eine MailBox ist zunächst ein ganz normaler Computer, der über ein Modem mit der Telefonleitung verbunden ist und 24 Stunden am Tag am Telefon hängt und Anrufe von anderen Rechnern entgegennimmt. Die MailBox ist so etwas wie ein elektronisches Postamt, wo Menschen

Neben den privaten Postfächern gibt es die sogenannten Bretter - hier stehen die öffentlichen Nachrichten. Dieser Bereich einer MailBox entspricht einer überregionalen Tageszeitung mit vielen verschiedenen Rubriken: Politik, Kultur, Wissenschaft, Regional- und Kleinanzeigenteil etc. Aber mit einem entscheidenen Unterschied: In der elektronischen Zeitung dürfen alle NutzerInnen nicht nur lesen, sondern auch schreiben! Einige dieser Bretter werden von einem kompetenten Menschen oder einer Gruppe betreut, die eine Art Patenschaft für dieses Brett übernommen haben.

Zensiert wird dabei nicht. Es findet nur eine Positivauswahl statt: Ständig kommen neue Nachrichten herein, alte werden von der Box nach einer bestimmten Zeit automatisch gelöscht. Nachrichten, die über das Tagesgeschehen hinaus interessant sind, bekommen einen Archivierungsvermerk. So sammelt sich in einer gut gepflegten MailBox mit der Zeit in den Brettern ein 'Bodensatz' an interessanten Nachrichten, die eine MailBox zu einem wertvollen Archiv werden lassen. Dabei handelt es sich nicht um eine Datenbank im herkömmlichen Sinne mit einem konsistenten, redaktionell gefilterten Bestand, sondern um ein lebendiges, pluralistisches Modell, in dem sich zwei Beiträge durchaus völlig widersprechen können -- ich muß selbst entscheiden, was ich für wahr halte oder von wem ich eine Quellenangabe zur Verifizierung anfordere.

Viele MailBoxen haben sich zu Netzwerken zusammengeschlossen, in denen überregional und international Daten ausgetauscht werden. So gelangen ungefilterte Nachrichten aus aller Welt in die lokale MailBox, wie zum Beispiel Wam Kats 'Zagreb Diary', ein öffentliches Tagebuch über den Alltag im Kriegsgebiet in Ex- Jugoslawien -- ein zeitgeschichtliches Dokument von ungleich höherer Qualität als jeder Agenturbericht eines Journalisten.

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Zugegegben, dieser Text wirkt heute, wo sich die im Millisekundentakt bunt klickschillernde Datenfluten in Millionen von Windows-Rechnern ergießen, merkwürdig antiquiert. Die Betonung liegt bei uns aber auf "merkwürdig" und weniger auf "antiquiert"!

26.04.2001