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"Im Hause Havemann sprach man nicht von Stasi, sondern von Kakerlaken, wenn die Posten vor dem Haus oder in den Autos gemeint waren. Und weil das so war, wurde ich groß, ohne zu ahnen, was Kakerlaken wirklich sind. Ich war ungefähr 16, als ich einen Bekannten besuchte, der gerade in ein Studentenwohnheim gezogen war. Ich lobte sein Zimmer. Ja, sagte er, es sei toll, nur die vielen Kakerlaken würden stören. "Was? Hier? Wo denn?" "Na, hinter der Küchenspüle."
(Claudia Rusch in "Meine freie deutsche Jugend" im S.Fischer Verlag)

Claudia Rusch, Autorin aus Berlin, ist im Umfeld der DDR-Bürgerrechtsbewegung aufgewachsen. Sie erzählt mit entwaffnender Offenheit von einer fast normalen Kindheit in der DDR. Mit Herz und Humor erinnert sie sich an gängige Unterdrückungs- und Bespitzelungsmassnahmen und mehr.

Sonntag, 7. März 2004 ab 15 Uhr
Bunker Ulmenwall Bielefeld

Foto: Andreas Labes

Texte des Verlags:

Eine nicht ganz normale Kindheit in der DDR

Was passiert, wenn man in dem festen Glauben aufwächst, Kakerlaken seien Stasi-Spitzel? Und wie fühlt man sich, wenn man als Kind mit einem "Schwerter-zu-Pflugscharen"-Aufnäher in die Schule gehen muss? Und wie findet man dann die Wiedervereinigung Deutschlands?Claudia Rusch erzählt in ihren Geschichten pointiert und mit Herz und Humor von ihrer fast normalen Kindheit, die glücklich war und von bitteren Erfahrungen nicht unbehelligt blieb.: Der Großvater starb in Stasi-Untersuchungshaft, die Familie lebte unter andauernder Beschattung. Und wer war IM "Buche"?

Claudia Rusch
Meine freie deutsche Jugend
Mit einem Text von Wolfgang Hilbig
ISBN 3-10-066058-7158 Seiten, 14,90 EUR (D)

"Ich bitte dich, schreib noch mehr von diesen Geschichten - [...] schreib sie kiloweise, oder so lange, bis Dir die Luft ausgeht."
(Wolfgang Hilbig an Claudia Rusch)

Claudia Rusch, 1971 in Stralsund geboren, verlebte ihre Kindheit auf der Insel Rügen und in der Mark Brandenburg, 1982 zog die Familie nach Ostberlin. Aufgewachsen im Kern der DDR-Bürgerrechtsbewegung war sie mit Ausnahmesituationen und Stasi-Präsenz vertraut, seit sie denken kann. Trotzdem verlebte Claudia Rusch eine glückliche Kindheit, was sie bis heute mit markanter Tragikomik auf diese Zeit zurückblicken läßt. Nach ihrem Abitur 1990 studierte sie Germanistik und Romanistik in Berlin, Bologna und Paris. Anschließend arbeitete sie sechs Jahre als Fernseh-Redakteurin. Im Jahr 2001 kündigte sie, um als freie Autorin in Berlin zu leben. Neben der Arbeit an verschiedenen Projekten, u.a. mit Förderung der Bundestagsstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, entstand im Laufe der vergangenen Monate das, von dem sie schon lange geträumt hatte - das erste Buch mit ihren eigenen Geschichten: "Die DDR ist eben auf gewisse Weise mein Lebensthema."

"Claudia Ruschs Erinnerungen sind eingängig geschriebene Geschichten. Larmoyant sind sie nicht. In ihnen wird nur schlicht nichts in vermeintlicher Spaßigkeit verharmlost. Nie verallgemeinert sie oder versucht sich in wohlfeilen Analysen. Deshalb sind sie nicht nur unterhaltsam sondern auch wichtig."
(Joachim Günther, "artour"/MDR-Fernsehen)