Bürgerrechte
ernst nehmen. Videoüberwachung verhindern!
Die nordrheinwestälische
Landesregierung will das Polizeigesetz ändern und damit Videoüberwachung
im öffentlichen Raum nahezu schrankenlos ermöglichen. Das
ist ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte zahlloser unbescholtener
Bürgerinnen und Bürger. Eine grüne Partei, die sich
als Bürgerrechtspartei versteht, darf das nicht zulassen oder
gar mitspielen. Darüber wird auf dieser Landesdelegiertenkonferenz
abgestimmt. |
Bielefeld: Seit
Einführung der Videoüberwachung 50% mehr Straftaten
Als Pilotprojekt
für Videoüberwachung im öffentlichen Raum wurde in Bielefeld
von Februar 2001 bis März 2002 ein öffentlicher Park überwacht.
Das Innenministerium NRW verweist gerne auf die "erfolgreichen Zahlen
des Bielefelder Modellprojekts". Tatsächlich gibt es solche
"erfolgreichen Zahlen" nicht: Die Zahl der Straftaten im Ravensberger
Park ging bereits von 1999 auf 2000 entscheidend zurück (nämlich
von 110 auf 6) - und das war 1 Jahr vor der Installation der Überwachungsanlagen
in diesem Park! Der Rückgang der Straftaten im Park hatte andere
Gründe: Das Gelände wurde für die EXPO hübsch gemacht,
Sträucher zurückgeschnitten, eine Ruine entfernt, neue Beleuchtung
installiert. Die Angebote für Alkohol- und andere Suchtkranke wurden
verbessert, so dass sie sichnicht mehr im Park aufhalten müssen.
Wenn wir andererseits
die reinen Zahlen betrachten, stellen wir fest, dass die Zahl der Straftaten
im Park seit Installation der Kameras um 50% gestiegen ist (von 6 Straftaten
im Jahr 2000 auf 9 Straftaten im Jahr 2001). Das Bielefelder Pilotprojekt
war ein Reinfall - mit ihm läßt sich Videoüberwachung
in NRW nicht begründen.(1)
Videoüberwachung
ist unsinnig:
- Videoüberwachung
hilft keinem Opfer. Wer in eine unangenehme Situation kommt, wer überfallen
wird, braucht Hilfe von anderen Menschen, die einschreiten - sofort.
Eine Aufzeichnung des Vorfalls kann bestenfalls nachträglich für
die Ermittlungen der Polizei verwertet werden.
- Videoüberwachung
verhindert keine Straftaten - sie ist sinnlos zur Senkung der Kriminalität:
Es findet eine Verdrängung z.B. der Drogenszene in andere Stadtteile
(Einkaufsstraßen, Wohngebiete) statt. Wenn dann auch dort Kameras
installiert werden, führt das, konsequent zu Ende gedacht, langfristig
eben doch zu einer flächendeckenden Videoüberwachung.
Videoüberwachung
verletzt Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte
- Die Unschuldsvermutung
wird außer Kraft gesetzt, wenn Bürgerinnen und Bürger
im öffentlichen Raum dauernd beobachtet werden und damit als potentielle
Straftäter/innen behandelt werden.
- Das Bundesverfassungsgericht
hat im sogenannten Volkszählungsurteil (1983) festgestellt, dass
Menschen, die damit rechnen müssen, dass all ihre Handlungen registriert
und gespeichert werden, alles tun werden, um nicht aufzufallen.
- Sie werden also
z.B. vermeiden, zu einer öffentlichen Versammlung oder zu einer
Bürgerinitiative zu gehen. Konformitätsdruck führt dazu,
dass Bürger ihre Grundrechte nicht mehr wahrnehmen. Damit schadet
eine solche Überwachung nicht nur der individuellen Entfaltung
einzelner Menschen, sondern auch dem Gemeinwohl.
Wem nützt
die Videoüberwachung eigentlich?
- Videoüberwachung
nützt populistischen Politikern, die damit ein einfaches Mittel
zur Profilierung haben ("wir tun was für Ihre Sicherheit").
Videoüberwachung ist symbolische Politik.
- Videoüberwachung
bringt Geld für Elektronikkonzerne, die Kameras verkaufen und installieren.
Ein großer Lobbyist für Videoüberwachung ist daher der
ZVEI (Zentralverband der Elektronik- und Elektroindustrie).
- Videoüberwachung
bringt Geld für Telekommunikationskonzerne, die Standleitungen
vermieten, mit denen die Kameras mit der Überwachungszentrale verbunden
werden. Vor einigen Jahren noch zahlte die Polizei in Köln monatlich
8.000 DM (ca. 4.000 Euro) für jede Leitung zu einer Notrufsäule.
Diese Folgekosten der Videoüberwachung werden regelmäßig
verschwiegen.
Fazit:
- Videoüberwachung
ist teuer. Das Geld, das für Installation und laufende Kosten der
Videoüberwachung ausgegeben wird, fehlt für sinnvolle Maßnahmen:
Streifenpolizisten vor Ort, soziale und Jugendprojekte, Hilfe für
Drogenabhängige, Stadtgestaltung für freundliche und lebendige
Innenstädte als öffentlicher Ort.
- Videoüberwachung
hilft nicht gegen Kriminalität. Sie verdrängt lediglich Randgruppen.
- Aber sie hat Wirkung:
Alle Bürgerinnen und Bürger werden auf Schritt und Tritt beobachtet.
- Aufgrund eines
solchen wissentlich falschen Berichtes eine schwerwiegende Gesetzesänderung
zu veranlassen - nämlich die Verschärfung des Polizeigesetzes,
und damit einen gravierenden Eingriff in die Bürgerrechte - das
ist unverantwortlich.
- Eine Partei, die
meint, sich keine Standpunkte mehr erlauben zu können, wird immer
mit dem Rücken zur Wand stehen.
Bürgerrechte
sind keine Verhandlungsmasse!
Nur wer eindeutig
gegen Videoüberwachung Stellung bezieht, schützt Grundrechte
und Demokratie. Stimmt gegen die geplante Änderung des Polizeigesetzes.
Stimmt für den Antrag BS-1 von Klaus Rees!
FoeBuD e.V., Marktstraße
18, 33602 Bielefeld. Ansprechpartner: Rena Tangens & padeluun
Mail: foebud@foebud.org, Tel: 0521-175254 Fax: 0521-61172, www.foebud.org
/ www.bigbrotherawards.de
(1)
Sie werden es gemerkt haben. Auch wenn die Zahlen so vom Innenministerium
weiter getragen worden sind: Es läßt sich daraus keine seriöse
Aussage herleiten.
|