"Wer quietscht denn da? "
Über die sogenannten BOS-Frequenzen wurde auf dem Chaos Communication Congress im Rahmen eines Workshops gesprochen. BOS, das sind Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben, also z.B. das LKA, die Feuerwehr, das Rote Kreuz, der Verfassungsschutz oder die Polizeidienststelle um die Ecke.
Seitdem Funkempfänger ohne festgelegten Frequenzbereich (sogenannte Scanner) auch in Deutschland betrieben werden dürfen, sofern sie zumindest einen für die Allgemeinheit gedachten Dienst (Fernsehen, Radio, CB-Funk, Amateurfunk und Wetterfunk) empfangen können, kann es schon mal passieren, daß man versehentlich und ohne Vorsatz BOS-Sendungen mithört.
Mit einem kleinen Eingriff am Drehkondensator läßt sich der Empfangsbereich das Radios in Richtung höherer, oder niedriger Frequenzen verschieben. In unserem Fall geht es um die Tiefer-Verschiebung.
Vorher 89 102 BOS Radio
Nachher 86 89 BOS Radio
Dieser Eingriff ist schlicht und ergreifend ein Drehen an einer der vier Kleinen Schrauben am Drehkondensator. Der Drehkondensator ist das Bauteil, auf den in irgendeiner Weise der Knopf wirkt, an dem der Sender eingestellt wird.
Der Drehkondensator sieht ungefähr so aus:
Welche der 4 Schrauben die richtige ist, kann durch Ausprobieren herausgefunden werden. Hilfreich ist es dabei, daß kurz vorm Radiobereich, der Europieper lärmt. Gelingt es, den mit dem Radio nach der Schraubenmanipulation darzustellen, war es die richtige Schraube.
Es versteht sich von selbst, daß man den Inhalt solcher Sendungen nicht anderen Menschen zugänglich macht, nicht einmal denen, die zur Elite der Funkamateure gehören.
Zu Dokumentationszwecken gibt es für Interessierte zwei Bücher, die Frequenzlisten, Rufzeichen (etwa "OSNING" für die Polizei in Bielefeld) und allgemeine technische Richtlinien (die von den Innenministerien erstellten BOS-TR) enthalten.
Hierin wird u.a. auch der derzeit einzige (von paging und reiner Daten/Text-Übertragung abgesehen) angewendete "digitale Dienst" "FMS" (Fahrzeug Melde System (oder Funk Melde System?)) erläutert. Dieser Dienst war auch der Aufhänger des Workshops.
Bei FMS handelt es sich um im normalen Sprachband übermittelte, kurze Datentelegramme, die, kodiert durch Ziffern 0-9, lediglich den aktuellen Einsatz-Status des Fahrzeugs beschreiben. (Notruf, einsatzbereit auf Streife, auf Wache, Auftrag übernommen, am Einsatzort eingetroffen etc.). Zusätzlich wird natürlich die Kennung des Fahrzeugs sowie bei Feuerwehr oder Rettungsdiensten die Art des KFZ (RTW, MTW, Drehleiter, usw.) übertragen.
Die Besatzungen der Fahrzeuge machen die (von sich aus über keine FMS-Kennung verfügenden) Funkgeräte durch ID-"Stecker" identifizierbar, so daß bei Fahrzeugwechsel nicht das Funkgerät ausgebaut, sondern lediglich der Stecker mitgenommen werden muß. Am Handgerät befindet sich eine Zehnertastatur, über die der Status eingegeben wird. Die Übertragung wird von der Leitstelle automatisch quittiert; geht diese Quittung verloren, wiederholt das Fahrzeug-Funkgerät solange, bis die Übermittlung einwandfrei ist. Audiomäßig sind FMS-Telegramme an den charakteristischen "Quietschern" zu erkennen.
In der Leitstelle sind so alle im Einsatz befindlichen Fahrzeuge samt Status auf einen Blick auf dem Bildschirm zu überschauen.
Nach der detailierten Erklärung von FMS tauschten sich die Teilnehmer in plauschiger Workshopatmospäre über zukünftige oder experimentelle BOS-Dienste aus. Der Einsatz von GPS, dem Global Positioning System, bietet sich natürlich an und wird auch schon verschiedentlich in Feldversuchen erprobt. So laufen Experimente mit GPS in den Einsatzwagen, die Daten über GSM (also D-Netz-Technik) übertragen. Beim Einsatz von GSM muß man nicht auf die Verabschiedung von BOS-Richtlinien warten, es kann gleich erprobt werden, da die BOS-TR nur für BOS-Frequenzen gelten.
Die Zukunft wird spannend. Es gibt sicherlich auf den BOS-Frequenzen für den ambitionierten Funkforscher eine Menge zu entdecken. Aber bitte nur mit Zulassung und ohne Vorsatz :)