CeBIT: Das ist die dröhnende Begeisterung für Multi-Media-Maschinen, 486er, Lokal-Area-Networks und Mobiltelefone. »Das kulturelle Umfeld ist dem, was technisch machbar ist, nicht gewachsen-, erklärt demgegenüber Rena Tangens, Hauptaktivistin des »Vereins zur Förderung des bewegten und unbewegten Datenverkehrs« (FoeBuD). Im Herzen der Messe, Halle 18, Stand' D42, haben sich die kreativen TechnikkritikerInnen niedergelassen. Seit drei Jahren kann man' den FoeBuD auf der Sonderschau "Chancen 2000" finden. Alljährlich präsentieren hier die rund 20 aktiven Mitglieder die Bielefelder MailBox "Bionic", samt der dazugehörigen - selbst entwickelten - Software.
MailBox, was ist das überhaupt? Der FoeBuD erklärt das so: -Eine MailBox ist erstmal etwas sehr Praktisches. Einmal ist es - wie der englische Name schon sagt - ein Briefkasten. Wenn wir davon ausgehen, daß eine Vielzahl heutiger Briefe bereits auf einem Computer getippt, ausgedruckt und dann per Post verschickt wird, ist es einleuchtend, daß wir diesen Brief viel einfacher direkt von Computer zu Computer schicken können. Dazu müßten die beiden Computer mit einem Kabel verbunden werden. Das geht, wenn beide Computer nahe beieinander stehen. Nicht aber, wenn zwischen ihnen viele Kilometer liegen. Dann verwenden wir das Telefon - die beiden Computer rufen sich einfach an. Damit sie sich verstehen können, wird noch eine Art Adapter zwischen Computer und Telefon geschaltet: Das Modem.«
Die FoeBuD-Mitglieder verstehen sich als Gestalter eines »globalen Dorfbrunnens«: Mailboxnutzer aus den unterschiedlichsten Teilen Deutschlands finden sich zu Sachthemen zusammen, um in tagelangen Briefwechseln zu diskutieren und zu tratschen. Das ganze spielt sich im Zerberus-Netz (Z-Netz) ab, mit rund 15.000 NutzerInnen Deutschlands größtes öffentliches Kommunikationsnetzwerk. Der Bielefelder FoeBuD liefert die Basis. Programmierer aus ganz Deutschland entwickeln hier in regelmäßigen Treffen die Zerberus-Software.
So verwegen sich die Computerarbeit der MailBox-Freaks auch anhören mag: In diesem Jahr liegt der FoeBuD voll im Trend. Seitdem in vielen Betrieben Unmengen von PCs stehen, hat die Wirtschaft Ihr Interesse entdeckt, die Rechner betriebsintern zu vernetzen. In den »Local-Area-Networks« (LAN) kann jeder Computer auf den Datenbestand der anderen zurückgreifen. Selbst das Betriebssystem des Rechners spielt keine Rolle mehr: Ob Unix, DOS, OS oder Apple: Jeder hat Zugriff auf alles, sofern der Zugriff nicht aus Datenschutzgründen vermehrt wird. Der neueste Netzwerk-Trend: Nicht nur im einzelnen Betrieb, sondern Ihnerhalb des Unternehmens sollen die Datenströme wandern.
»Die Leute, die das hier vollmundig verkünden, machen sich wenig Gedanken darum, welche Inhalte über die Netzwerke transportiert werden sollen-, so Rena Tangens. Zwei Voraussetzungen setzt sie für die Entwicklung von Computernetzwerken: Das Netzwerk muß öffentlich zugänglich sein und die Kommunikation zwischen den NetzteilnehmerInnen soll hierarchiefrei gestaltet werden. Bereits bei der Programmierung der Zerberus-Software achten Rena Tangens und padeluun, die beiden FoeBuD-HauptaktivistInnen, auf die Einlösung der Prämissen. Rena Tangens: »Wir sind daran interessiert, ein funktionierendes Netzwerk zu haben. Und nicht nur technisch funktionierend, sondern auch im kulturellen, sozialen Sinn.«