Gemeinsame Pressemitteilung der Stiftung bridge und des FoeBuD e.V.

RFID - Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft

Stiftung bridge unterstützt RFID-Schnüffelchip-Detektor des FoeBuD mit weiteren 6.000 Euro

(Bielefeld / Verden. 14.6.2004) Die Stiftung bridge fördert den Verein FoeBuD erneut mit 6.000 Euro für die Weiterentwicklung eines Schnüffelchip-Detektors. Der sogenannte »DataPrivatizer« soll es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen, versteckte RFID-Chips (siehe unten) und RFID-Scanner aufzuspüren. »Wir sehen hier die große Chance, eine potentiell gefährliche Technologie, die noch in der Entwicklung ist, im Sinne digitaler Bürgerrechte zu beeinflussen«, erklärt dazu Rena Tangens vom FoeBuD e.V. und padeluun freut sich: »Der Prototyp des Data-Privatizers ist fertig.« In zwei Monaten soll das Kästchen, das jetzt noch so groß ist wie ein Walkman, auf Feuerzeuggröße gebracht und in der Öffentlichkeit verbreitet werden.

RFID (Radio Frequency Identification) sind winzige Chips mit Antenne, die eine eindeutige Seriennummer enthalten, die über Funk abgefragt werden kann. RFID-Etiketten sollen nach dem Willen von Industrie und Handel in einigen Jahren die Strichcodes auf den Waren ersetzen; zum Teil sollen sie auch in die Produkte selbst eingearbeitet werden, beispielsweise in Kleidung. Problem: RFID-Chips können versteckt angebracht werden, sie können ohne Sichtkontakt aus einiger Entfernung (und damit vom Träger unbemerkt) ausgelesen werden und es entstehen riesige Datenbanken mit Bewegungsprofilen. Datenschützer und Bürgerrechtler befürchten eine gänzlich neue Dimension von Überwachung, Kontrolle und Manipulation.

Die Vorgeschichte: Der FoeBuD, eine Organisation von technisch Interessierten und politisch Engagierten mit Basis in Bielefeld, beschäftigt sich seit längerem mit RFID-Technologie und hält sie für problematisch, wenn sie unkontrolliert und ohne öffentlichen Diskurs eingeführt wird. Im Oktober 2003 verlieh der FoeBuD der Metro AG den Datenschutz-Negativpreis Big Brother Award für ihren unkontrollierten RFID-Feldversuch. Der Handelskonzern (Galeria Kaufhof, real, Praktiker, Extra, Saturn, Media Markt und andere) propagiert offensiv RFID-Technik und testet sie zur Zeit auf einigen Produkten in seinem Versuchssupermarkt »Extra Future Store« in Rheinberg bei Düsseldorf. Im Februar 2004 deckte der FoeBuD auf, dass Metro illegal auch in den Payback-Kundenkarten ihres Future Store RFID-Chips versteckt hatte – ohne die Kundinnen und Kunden darüber zu informieren. Damit war es möglich, von jedem Kunden, der so eine Karte bei sich trug, ein Bewegungs- und Interessenprofil zu erstellen. Der FoeBuD veröffentlichte den Fall. Aufgrund der zahlreichen Presseberichte und des Bürgerprotestes musste der Handelsriese seine Future-Store-Kundenkarten aus dem Verkehr ziehen.

Mit dem Projekt des »DataPrivatizers« hatte der FoeBuD im November 2003 den mit 15.000 Euro dotierten Ideenwettbewerb der Stiftung bridge gewonnen. Die jetzt beschlossenen 6.000 Euro stellen eine Anschlußfinanzierung des Projekts dar. Die Stiftung bridge will gesellschaftlichen Wandel durch soziale Bewegungen fördern und unterstützt Projekte, die die Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft stärken.

Frank Hansen, Gründungsstifter der Stiftung bridge: »Ich freue mich, dass der Stiftungsrat beschlossen hat, die »Stop-RFID«-Kampagne auch in diesem Jahr zu fördern. Nicht zuletzt durch den FoeBuD e.V. gelang es, die Missbrauchsmöglichkeiten dieser Technologie rechtzeitig in die Öffentlichkeit zu tragen. Bestes Beispiel war der heimliche Einsatz von RFID-Chips in den Payback-Kundenkarten durch die Metro AG. Der Bundesdatenschutzbeauftragte fordert nun ein Gesetz zur Regelung von RFID. Trotzdem ließ die Bundesregierung vor Kurzem als Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP verlauten, sie sehe keinen Handlungsbedarf beim Thema RFID. Es gibt also noch viel zu bewegen und ich hoffe, dass der FoeBuD e.V. weiterhin so erfolgreich arbeitet.«

Die Stiftung bridge (BürgerRechte In der Digitalen GEsellschaft) wurde 2003 unter dem Dach der Bewegungsstiftung gegründet. Die Bewegungsstiftung wiederum wurde von vermögenden Privatpersonen gegründet, die nach der Maxime »Eigentum verpflichtet« Teile ihres Vermögens in die Stiftung eingebracht haben, um politisch aktive Menschen und Projekte für gesellschaftlichen Wandel zu unterstützen. Die Stiftung bridge widmet sich einem eigenen Schwerpunkt: Im analogen Raum sind uns Bürgerrechte wie informationelle Selbstbestimmung, Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung oder Meinungsfreiheit per Grundgesetz zugesichert. Durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung und Vernetzung unserer Umwelt, entstehen immer weiter reichende Kontroll- und Missbrauchsmöglichkeiten bei der Nutzung digitaler Medien. Beim langsam einsetzenden Regelungsprozess werden Bürgerrechte jedoch weit weniger berücksichtigt als die wirtschaftlichen Interessen multinationaler Konzerne und die Wünsche des Staates nach immer mehr Kontrolle. bridge fördert daher soziale Bewegungen, die zum Stiftungsthema aktiv sind, damit Bürgerrechte auch im digitalen Raum den ihnen gebührenden Stellenwert erhalten.

Zur Zeit verfügt bridge über 220.000,- EUR Stiftungskapital und vergibt jährlich 15.000,- EUR an Fördergeldern. Da diese Summe bisher nur über Spenden des Gründungsstifters gedeckt werden kann, sucht die Stiftung weitere Zustifter/innen, um auch langfristig signifikante Förderbeträge ausschütten zu können.

Der FoeBuD e.V. ist in jüngerer Vergangenheit vor allem durch die Organisation der Big Brother Awards in der Öffentlichkeit bekannt geworden. Der FoeBuD gründete sich bereits 1987 als Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs. Internationale Anerkennung erhielt der Verein durch Vernetzungsarbeit im Zerberus-MailBox-Netz, das Friedensnetzwerk ZaMir während des Krieges im ehemaligen Jugoslawien, das deutsche Handbuch zum Verschlüsselungsprogramm Pretty Good Privacy (PGP) und seine monatliche Veranstaltungsreihe PUBLIC DOMAIN. Der FoeBuD will Bürgerrechte und einen "schöpferisch-kritischen" Umgang mit Wissenschaft und Technik fördern. In dieser Tradition steht auch das Projekt des DataPrivatizers.

Weitere Informationen:

FoeBuD e.V.
Ansprechpartner/in: Rena Tangens & padeluun
Marktstr. 18
D-33602 Bielefeld

Tel: 0521-175254
Fax: 0521-61172
Mail: mail (at) foebud (dot) org
Web: www.foebud.org und www.bigbrotherawards.de und www.stoprfid.de
RFID-Positionspapier: www.foebud.org/texte/aktion/rfid/positionspapier.html

Stiftung bridge / Bürgerrechte in der digitalen Gesellschaft
c/o Förderverein Bewegungsstiftung e.V.
Artilleriestr. 6
D-27283 Verden

Tel: 04231-957-540
Fax: 04231-957-541
Ansprechpartner: Jörg Rohwedder
Mail: bridge (at) bewegungsstiftung (dot) de
Web: www.stiftung-bridge.de und www.bewegungsstiftung.de