ChaosComputerClub e.V. Hamburg / FoeBuD e.V. Bielefeld

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Public Relations für Mailboxprojekte

" 'PR' als Wort hat eine magische Anziehungskraft für mich", meinte eine Teilnehmerin des Public Relation Medienworkshops am zweiten Tag des Chaos Kommunication Congresses in Berlin. Was genau PR ist und wie Öffentlichkeitsarbeit um und für eine Mailbox ausschaut, waren die zentralen Fragen dieses Workshops.

Moderator padeluun erzählte aus seinen Erfahrungen mit der Öffentlichkeitsarbeit eines Mailbox-Systemes in Bielefeld, der //BIONIC. Als wichtigste Voraussetzung für PR und Öffentlichkeitsarbeit nannte padeluun ein technisch wie inhaltlich stabiles Mailboxsystem. Schon allein aus dem Grund, daß PR eine kontinuierliche Arbeit ist, können nur Systeme mit längerer Entwicklung und verläßlichem Team eine Öffentlichkeitsarbeit machen, die in den "kommerziellen" Medien die gewünsche Wirkung zeigt.

Als Anbieter von Bürgermedien müssen sich die Mailbox-Betreiberteams zuallererst über ihr Selbstverständnis klar werden, um dann das entsprechende Image zu pflegen. Leider verstehen sich die meisten Betreiberinnengemeinschaften immer noch nicht als Anbieter von Dienstleistungen und Services, die durchaus berechtigt sind, für ihre Dienste Geld zu nehmen.

Um neue Userinnen zu gewinnen und in die "professionellen" Medien zu kommen, muß außerhalb des eigenen Mediums geworben werden. Flugblätter, Plakate, Logos und Slogans müssen entwickelt und gestaltet werden, um ein "Image" der Mailbox aufzubauen. Die Kontaktaufnahme von Interessierten erfolgt meistens über Flugblätter, die an verkehrsgünstig gelegenen Orten verteilt oder ausgelegt werden sollten, Orte, die von potentiellen Userinnen frequentiert werden, z.B. Computer- und Dritteweltläden, Frauencafés usw. Allein ein Coupon auf dem Infomaterial wirkt Wunder. Er senkt die "Hemmschwelle", Kontakt aufzunehmen. Zum Image einer Mailbox gehört z.B. ein Schriftzug oder Logo, das auf jeder Publikation zu finden sein muß.

Bei allen gedruckten Informationen gilt der Grundsatz: Gegenlesen lassen. Zu schnell verfällt man als Insider in Fachkauderwelsch und vergißt im Eifer des Gefechts die wichtigsten Informationen wie Mailboxnummer, Veranstaltungsort oder -zeit.

Zum Image einer Mailbox gehören auch die Menschen hinter dem Computer. Die Mailbox ist nicht alleine ein Rechner, den irgendjemand anrufen kann, sondern ein Projekt, um das herum es auch Veranstaltungen und soziales Leben gibt.

Zum Informationsbereich gehört eine Support-Telefonnummer, unter der mindestens einmal pro Woche jemand persönlich zu erreichen ist, der bei allen Problemen rund um die Mailbox weiterhelfen kann. Dieser Kontakt zu den Betreibern ist auf der einen Seite eine Teil des Mailboximages, auf der anderen Seite auch wichtig für die Betreiberinnen, um den Kontakt zu den Userinnen zu halten.

Der Veranstaltungsbereich um eine Mailbox herum ist sowohl für die Motivation des Teams als auch für die Motivation der Userinnen wichtig. Es ist leichter, für ein Projekt zu arbeiten bzw. bei einem Projekt mitzuarbeiten, wenn die Partner auch persönlich bekannt sind. Wenn man weiß, wie der Empfänger aussieht, fällt es auch leichter, Kritik oder Lob loszuwerden.

Veranstaltungen haben auch den Aspekt, daß mit ihnen für das Mailboxprojekt geworben werden kann. Die Lokalzeitung gehört zu denen, die über das Projekt und die Veranstaltungen informiert werden müssen, genau so wie die örtlichen Alternativ- und Kommerzradios usw.

Zu kontinuierlicher Pressearbeit gehört ein gut gepflegter Presseverteiler, der regelmäßig beschickt wird. Sporadische Pressearbeit hat fast keinen Sinn. Nur regelmäßige Informationen an einen ausgewählten Presseverteiler sind erfolgversprechend.

Auch mit wenig Geld kann man effektive PR-Arbeit machen: Möglichkeiten sind Austauschanzeigen mit Printmedien, Kleinanzeigen in Computermagazinen, Finanzierung von Flugblättern durch Werbung von Computerläden usw. Der Tenor der Veranstaltung lautet: PR kann ein Mailboxbetreiberinnenteam nicht so nebenbei machen, eine kontinuierliche Imagepflege der Mailbox muß genauso regelmäßg gemacht werden wie das Usereintragen oder die Brettpflege. Die individuelle und witzige Art der PR-Arbeit für die Mailbox vor Ort muß von dem Betreiberteam aktiv erledigt werden.

Christine Wittig <c.wittig@link-m.muc.de>


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Stefan Kurtz,06.Jul.1995